Schuttbahn

Aus dem Stadtwiki Karlsruhe:

Die Karlsruher Schuttbahn diente der Trümmerbeseitigung in der Nachkriegszeit.

Nachdem als Folge des Zweiten Weltkriegs in Karlsruhe, speziell in der Innenstadt, ein Großteil der Gebäude zerstört bzw. mehr oder weniger beschädigt war, bestand die Aufgabe, über 2 Mio. m³ Schutt aus den Ruinen und auf den Straßen zu sammeln und zu beseitigen. Verteilt über das Stadtgebiet wurden Schuttsammelplätze z.B. am Engländerplatz, Friedrichsplatz, Schlossplatz oder Schmiederplatz als Zwischendeponien eingerichtet. Der Schutt wurde südwestlich des Rheinhafenbeckens 5 entlang der Fettweisstraße auf einer Niederung verteilt. Später wurde dieses Gelände als Industriegebiet genutzt. Aus diesem Grund besitzt Karlsruhe nicht wie viele andere Städte einen Trümmerberg, wie z.B. in Pforzheim.

Verlauf der Schuttbahn-Trassen in der Stadt 1945-1949
Schmiederplatz mit Schuttbahn
Schuttbahn-Abzweigung aus der Kaiserstraße in die Waldstraße zum Schlossplatz

Die Aufräumungs-Arbeitsgemeinschaft Karlsruhe (AAK) errichtete hierzu eine eingleisige, schmalspurige (900mm) Schuttbahn, von den Karlsruhern natürlich „Schuttbähnle“ oder auch „Schuttexpress“ genannt. Sie führte vom Schlossplatz durch den Botanischen Garten, die Torbauruine der Orangerie, die Bismarckstraße, Hoffstraße, Hildapromenade (hier auf der Trasse der früheren Maxaubahn), Händelstraße, Herderstraße durchs damals noch unbebaute Mühlburger Feld, auf Pfählen im Bett der Alb unter der Bannwaldallee/Hardtstraße und der Bahnlinie Westbahnhof - Mühlburg/Knielingen durch und weiter nach Westen entlang der Vogesenstraße, dem Römerhof, nach Daxlanden bis ins Auffüllgelände südlich des Rheinhafens.

Zu den anderen Plätzen führten hiervon Abzweigungen, zu besonders stark betroffenen Straßen vorübergehend gelegte Gleistrassen. Teil- bzw. Anschlussstrecken dieser Schuttbahn führten zeitweise auch durch die Kaiserstraße, die Waldstraße, die Karl-Friedrich-Straße, über den Marktplatz sowie durch die Sophienstraße, Kriegsstraße mit einem Gleisdreieck zur Verzweigung in die Lammstraße zum Friedrichsplatz und entlang der Beiertheimer Allee zum Schmiederplatz.

Am Schlossplatz war ein „Bahnhof“ mit Wendeschleifen und Umladestation, dort endeten wechselnde 900mm und 600mm Feldbahngleise von den diversen zu räumenden Straßen und Plätzen. Die kleineren Feldbahnloren wurden auf eine Rampe in ca. 3m Höhe neben dem Schuttbahngleis geführt, sodass die Kipploren der Feldbahnen über Rutschen direkt in die größeren Wagen der Schuttbahn entleert werden konnten. An den anderen Sammelplätzen wurde der abgeladene Schutt von großen Greiferbaggern auf die zweiachsigen Schuttwagen verladen, bis ein solcher Zug mit ca. 15 Loren vollbeladen von einer Dampflok gezogen in Richtung Rheinhafen abdampfte. Die Loks waren zweiachsige Tenderloks, d.h. sie führten die erforderlichen Wasser- und Kohlevorräte in angebauten Vorratsbehältern mit.

Die Schienen wurden auf Holzschwellen, nur an Ober- und Unterseiten abgeflachten Rundhölzern, oft einfach in Straßenmitte auf das Straßenpflaster oder den Asphalt gelegt. Geschottert wurde nicht, bestenfalls eine Art Gleisbett aus Schutt angeschüttet, „schienengleiche Bahnübergänge“ durch Aufschütten von Schutt (war ja genügend da) und Sand geschaffen, sodass ein „Bahnübergang“ eine Berg- und Talfahrt mit ca. 30 cm Höhenunterschied zur Folge hatte. Nur bei (zunächst drei, später fünf) Kreuzungen z.B. mit der damals in der Reinhold-Frank-Straße verlaufenden Straßenbahnlinie 5 mit der Schuttbahn aus der Bismarckstraße in die Hoffstraße oder von der Händelstraße mit der Kaiserallee in die Herderstraße wurden die Schienen ins Straßenniveau eingelassen und eine fachmännische niveaugleiche Schienenkreuzung erstellt. Zur Unterquerung der Maxaubahn und der parallelen Straße wurden deren Brücken über die Alb genutzt, die Bahnstrecke verlief auf einem Damm im Flussbett.

Schuttbahn-Warnschild mit verschiedenen Aufstellorten

Schranken zur Absicherung von Straßenkreuzungen gab es nicht, bestenfalls wurde von Verkehrsposten mit „Winker mit roter Flagge“ herannahende Passanten und Fahrzeuge vor der kreuzenden Schuttbahn gewarnt. Trotzdem kam es am 24. September 1947 an der so gesicherten Kreuzung Ludwig-Marum-Straße/Händelstraße zu einem Zusammenstoß mit einem Langholztransporter, der die Schmalspurlok glatt umwarf. Für andere Kreuzungen wurden speziell geschaffene Warnschilder aufgestellt, die allerdings öfter dem „Metalldiebstahl“ zum Opfer fielen.

An „neuralgischen Verkehrsknotenpunkten“, wie z.B. der Abzweigung von der Bismarckstraße in die Seminarstraße zum Engländerplatz wurde für den Weichen- und Kreuzungswärter, der ja auch den Verkehr regeln musste, ein hölzernes „Schilderhäuschen“ (ca. 1 m²?) aufgestellt.

Literatur