Dörfle

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Disambig-50px.png Dieser Artikel beschreibt das Gebiet, die Kneipe siehe Dörfle (Kneipe).

Lage des Dörfles in einem Plan von 1779/80
Der Bereich des Dörfle im Online-Stadtplan der Stadt Karlsruhe, Liegenschaftsamt von 2011
Das Dörfle im Online-Stadtplan der Stadt Karlsruhe, Liegenschaftsamt mit der Karte von 1876 und der Einzeichnung der Straßenverläufe im Jahr 2011

Das Dörfle, ehemals auch als Klein-Karlsruhe bezeichnet, begann als eine Siedlung vor den Toren Karlsruhes. Später wurde sie zum Dorf erklärt und schließlich als erster Stadtteil nach Karlsruhe eingemeindet. Es bildete fortan einen Teil der Altstadt von Karlsruhe. Der nach der Altstadtsanierung übrig gebliebene Bereich liegt zwischen Innenstadt, zu der es administrativ gehört, und Oststadt, eingegrenzt von der Kaiserstraße, der Waldhornstraße und der Kapellenstraße.

Allgemeines

Im ehemaligen Dörfle, welches ursprünglich auch als „Klein-Karlsruhe“ bezeichnet wurde, gibt es heute zahlreiche Kneipen. Auch befindet sich dort in der seit 1974 so genannten Brunnenstraße der offizielle Rotlichtbezirk Karlsruhes, in dem gewerbsmäßige Prostitution betrieben wird.

Mit der Situation, wie sie sich vor der Altstadtsanierung darstellte, hat das Dörfle heute nicht mehr viel gemein. Dennoch konnte aus städtebaulicher Sicht im östlichen Teil des Dörfles einiges vom besonderen Charakter der Bebauung erhalten werden. Dies gilt nicht für den westlichen Bereich, da hier seit der Sanierung, das bedeutete den nahezu vollständigen Abriss der ursprünglichen Bebauung, Gebäude aus den späten 1970er und frühen 1980er Jahren das Erscheinungsbild beherrschen. Hierzu trug auch die mitten durch den westlichen Bereich gebaute Fritz-Erler-Straße bei, die, ähnlich wie die Karlstraße im Westen, eine verkehrsgünstige Anbindung der Kaiserstraße in den südlichen Teils von Karlsruhe erlaubte.

Der Neckname der Bewohner lautet bis heute „Derflesbrieder“.

Geschichte

Geschichtstafel
Karte
Klein-Karlsruhe um das Jahr 1790

Entstehung

Zur Zeit der Stadtgründung von Carols Ruhe 1715 war Klein Karlsruhe eine Ansammlung von einfachen Hütten, Baracken und Häusern, deren Bewohner überwiegend aus Tagelöhnern, Arbeitern, Dienstboten, niedere Hofbediensteten und Soldaten bestanden und sich den Kauf des Bürgerrechts nicht leisten konnten. Die unregelmäßige Siedlung lag im Südosten außerhalb des neu gegründeten Karlsruhes. Die dafür in Anspruch genommenen Grundstücke befanden sich auf dem Boden der Markgrafschaft Baden-Durlach.

Das etwa 18 Hektar große Siedlungsgebiet Klein-Karlsruhe lag ungefähr zwischen der Adlerstraße im Westen, der Kaiserstraße im Norden, dem Durlacher Tor im Osten und der Kapellenstraße und dem zu Beginn noch nicht überbauten Landgraben im Süden.

Die Ansiedler bauten für sich selbst einfache Häuser und Unterkünfte, die ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten entsprachen. Dies wurde auch dadurch ermöglicht, weil die Siedlung in den ersten 80 Jahren ihres Bestehens keinen Gemeindestatus besaß und somit auch keine Bauvorschriften existierten, die von den Bewohnern berücksichtigt werden mussten. Dadurch entstand ein völlig ungeordnetes Erscheinungsbild des Dörfle, wie das Gebiet auch bis in die Gegenwart bezeichnet wird. Bei den Bewohnern im Dörfle herrschte große Armut, was sich auch im großen Kinderreichtum, in den einfachen Bebauungen und der früh florierenden Prostitution zeigte, die in der ab 1974 so genannten Brunnenstraße bis zur Gegenwart offiziell angesiedelt ist. Aufgrund der Armut war es den Bewohnern nicht möglich, für sich selbst die so genannten Modellhäuser zu errichten, in denen sie in der frühen Stadt Karlsruhe hätten wohnen können, siehe auch Stadtgründung Karlsruhe. Da die junge Stadt jedoch auf die günstigen Arbeitskräfte angewiesen war, wurde die „wilde“ Ansiedlung geduldet.

Weil sich im Dörfle also sozial benachteiligte Menschen sammelten, wurde Klein-Karlsruhe ab 1781 organisiert und schließlich ab 1795 vom Markgrafen als eigenständige Dorfgemeinde anerkannt. Bewohnern, die sich die entsprechenden Ausgaben leisten konnten, wurde es damit ermöglicht, den Status eines „Bürgers“ zu erlangen. Denjenigen, denen dies nicht möglich war, blieben so genannte „Hintersassen“, was die Mehrzahl der Bewohner betraf.

Bald erkannten in Karlsruhe ansässige und finanzkräftigere Handwerker, dass sich im Dörfle mit den dort günstigeren Löhnen ein Wettbewerbsvorteil ergab, weshalb sich dort etliche kleine Betriebe ansiedelten, die auch häufig in den Hinterhöfen entstanden und zum weiteren uneinheitlichen Erscheinungsbild beitrugen.

Das Dörfle wurde auch aufgrund seiner unmittelbaren Nähe zur schnell wachsenden Stadt Karlsruhe am 22. August 1812 als erstes unabhängiges Dorf eingemeindet. Durch die Eingemeindung ändert sich allerdings wenig an den herrschenden Zuständen und dem städtebaulichen Erscheinungsbild im Dörfle. Bis in das 20. Jahrhundert hinein blieb dieser Zustand nahezu unverändert und niemand zog freiwillig in das Gebiet des Dörfle, der es nicht musste.

Die sanitären Zustände waren häufig unzureichend, fließendes Wasser in den Häusern oder gar Wohnungen keine Selbstverständlichkeit. Das Dörfle hatte den Zweiten Weltkrieg relativ unbeschadet überstanden, dennoch war die Bausubstanz vieler Gebäude marode und renovierungsbedürftig. Da die Stadt Karlsruhe bereits in jener Zeit an eine Neugestaltung des Gebiets dachte, durften keine neuen Gebäude mehr errichtet werden, auch nicht jene, die zuvor durch Bombentreffer zerstört wurden. Daran schloss sich später das Verbot an, keine neuen Mietverträge mehr schließen zu dürfen.

Altstadtsanierung

Das Schild „Altstadtsanierung“ an der Haltestelle in der Fritz-Erler-Straße

Der westliche und größte Teil des Dörfles wurde Opfer einer der letzten großen Flächensanierungen in Deutschland, aber auch einer der ersten, bei der man wieder zur Blockrandbebauung zurückkehrte, statt Wohnblocks in Zeilenbauweise auch in innerstädtischen Lagen zu bauen wie andernorts. Hauptsächlich das Quartier zwischen Adlerstraße, Kaiserstraße und Kapellenstraße wurde in den 1960er und 1970er Jahren so grundlegend umgestaltet und die Fritz-Erler-Straße neu geschaffen.

Um dies zu ermöglichen, mussten etwa 3500 Menschen umgesiedelt werden. Ab 1961 wurden den Altstadtbewohnern über ein Ersatzwohnungsprogramm Wohnungen in Oberreut, Durlach, Grünwinkel und Rintheim zugewiesen. Bürgerbeteiligung oder Öffentlichkeit fanden bis 1968 praktisch nicht statt. Erst in der Folgezeit begann man, das Konzept der Flächensanierung aus kulturhistorischer, sozialer und städtebaulicher Sicht zunehmend kritischer zu diskutieren. Es gab auch einen internationalen Gestaltungswettbewerb. Maßgeblich verantwortlich für die Durchführung des Wettbewerbs und dessen Ausführung war Nikola Dischkoff, der in Karlsruhe Architektur studiert hatte. [1]

Straßenschicksale

Im Zuge der Altstadtsanierung verschwanden im westlichen Bereich des Dörfles zahlreiche Straßen. Dazu zählen die Schwanenstraße, die ursprüngliche Brunnenstraße und der südwestliche Teil der Durlacherthor Straße, später nur Durlacher Straße genannt. Auch die Entengasse verschwand völlig, die früher im Volksmund „Rue de la Quack Quack” genannt wurde, da dort ursprünglich ein Schwerpunkt der Prostitution lag.

Die Querstraße, welche sich zwischen Kronen- und Waldhornstraße befand, ging schon Jahrzehnte vor der Sanierung in der ursprünglich direkt nordöstlich gelegenen Fasanenstraße auf.

Andere Straßen wurden umbenannt, wie die Spitalstraße, die schon 1892 in Markgrafenstraße geändert wurde oder der südliche und östliche Teil der Durlacher Straße. Diese wurde ab 1974 Brunnenstraße genannt. Da der nordöstliche Abschnitt der Straße, die bis zum Durlacher Tor verläuft, die Bereiche mit der öffentlich erlaubten Prostitution enthält und im südwestlichen Bereich Kneipen und normale Wohnbebauung aufweist, wurde der südwestliche Bereich 1986Am Künstlerhaus“ genannt.

„Geflügelviertel“

Da sich im westlichen Bereich des Dörfles zahlreiche Straßen mit Vogelnamen befanden, die Adler-, Fasanen-, Schwanenstraße sowie die Entengasse, wurde dieser Bereich früher auch als „Geflügelviertel“ bezeichnet. Die Straßen waren nach den Wirtshäusern benannt, die dort vor der Eingemeindung entstanden waren. Nach der Eingemeindung 1812 wurde die Prostitutuion aus dem übrigen Karlsruhe verbannt und nur noch im Dörfle geduldet. In der Entengasse („Rue de la Quak Quak“) entstanden zahlreiche Hurenhäuser.

Das Seilerhäuschen

Das Seilerhäuschen ist eines der fünf ältesten erhalten gebliebenen Gebäude aus der Karlsruher Gründerzeit. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Modellhaus. Das sind Häuser, die den ursprünglichen Bauvorschriften der jungen Stadt Karlsruhe entsprachen, was unter anderem das Aussehen und die Ausmaße anbelangte. Im Hof des Hauses ist ein ehemaliger 5,5 Meter tiefer Brunnenschacht erhalten geblieben, der im Zusammenhang mit dem Bau des Hauses steht.

Da es sich an der südlichen Kaiserstraße befindet, gehört es streng genommen nicht zum ursprünglichen Bereich des Dörfle, da die Kaiserstraße von Beginn an zu Karlsruhe gehörte. Durch die Eingemeindung des Dörfle wurde allerdings auch der östliche Teil der Kaiserstraße im Lauf der Zeit als zum Dörfle zugehörig betrachtet.

Bilder

Lage

Dieser Ort im Stadtplan:

Zeichen 224.svg  nächste Haltestelle: Durlacher Tor oder Kronenplatz     

Fußnoten