St. Paul (Bruchsal)

Aus dem Stadtwiki Karlsruhe:

vom Dach der ehemaligen Dragonerkaserne aus gesehen
aus Richtung des Parkplatzes
Pauluskirche mit Pfarrzentrum
Kirchturm mit Papstplakat

St. Paul (auch Pauluskirche genannt) ist eine Kirche in Bruchsal. Sie gehörte zur katholischen Seelsorgeeinheit St. Peter und seit Ende 2014 zur neuen Seelsorgeeinheit St. Vinzenz.

Der Kirchenbau ist ein modernes Gebäude, mit frei vom Gebetshaus stehendem Glockenturm. Die fünf Glocken sind nach fünf weiteren Bruchsaler Kirchengemeinden benannt. Das Pfarrzentrum beherbergt eine umfangreiche öffentliche Bibliothek.

Das nahe gelegene Justus-Knecht-Gymnasium nutzt die Kirche für seine Schulgottesdienste.

In der Kirche werden auch Gottesdienste in kroatischer Sprache gefeiert, siehe Katholische Mission.

Geschichte

Die erste Kirche

Die Bruchsaler Pfarrei St. Paul wurde am 14. Juli 1791 unter Abtrennung von der Pfarrei St. Peter gegründet. Zur finanziellen Absicherung der Gemeinde wurden nach längerem Rechtsstreit, der schlussendluch von Papst Pius VI entschieden wurde, die Rechte an der „Brückenkapelle“ auf die neue Gemeinde übertragen. Diese waren bis dahin bei der Familie des Fürstbischofs von Metternich (1662-1675) gelegen.

Für die Kirche war bereits 1789 ein Bauplatz bestimmt worden, der durch Abriss zweier im Privatbesitz befindlicher Wohnhäuser und eines Teils der Saline vergrößert wurde. Hofbaumeister Nicolaus Schwartz entwarf bewusst einen schlicht gehaltenen Kirchbau, da dieser nicht mit den drei anderen Bruchsaler Kirchen optisch in Konkurrenz stehen sollte. Fürstbischof Damian August Philipp Karl von Limburg-Stirum stiftete den wesentlichen Teil der Baukosten (ca 19.000 fl) aus seinem Privatvermögen, verlangte dabei aber auf allen Ebenen Sparsamkeit. So zweigte er auch Gelder aus den Pfarrgemeinden Forst und Wiesental für den Kirchbau ab und ließ Holz von in Phillippsburg abgerissenen Gebäuden weiterverwenden.

Die Kirche wurde am 1. August 1792 geweiht, bis August des Jahres waren die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen, wobei noch Nachbesserungen am Dach erforderlich wurden, weil Diebe und Wetterverhältnisse den als Kornspeicher genutzten Dachboden als solchen nur bedingt nutzbar machen ließen.

Die Orgel wurde von Franz Christian Alfermann nach exakten Vorgaben des Fürstbischofs gebaut. Der schlecht gewählte Standort sorgte bereits drei Jahre später für deutliche Schäden an der Orgel, zur Jahrhundertwende war sie gänzlich unbrauchbar: Direkte Sonneneinstrahlung in Verbindung mit der Nähe zur stark befahrenen, staubigen Durlacher Straße setzten dem Instrument zu. Eine grundlegende Reparatur erfolgte zwar, auch wurden die Raumverhältnisse in der Kirche angepasst, doch schon zehn Jahre später war mangels Wartung eine erneute Grundreparatur nötig. Es kam zum Rechtsstreit über die Zuständigkeiten, so dass sich die Arbeiten verzögerten. Später übernahm die Firma Voit die Wartung und Reparatur (1826 und 1854).

Von Beginn an problematisch waren auch die Verhältnisse im Kirchenraum: Die Holzdachziegel gingen nach den ersten Unwettern kaputt, so dass eindringender Regen die Kirche beschädigte. Wurde dies anfangs noch kostenintensiv in Ordnung gebracht, kam es in späteren Jahren immer wieder zu vergleichbaren Mängeln, die nicht mehr beseitigt wurden. Die jeweiligen Pfarrer beschwerten sich auch über die extreme Feuchtigkeit in der Sakristei, durch welche das Inventar Schaden nahm. Beseitigt wurde der Mangel nicht.

Auch hatte man beim Bau der Kirche nicht bedacht, dass die angrenzende Ecke Durlacher Straße/Kolbengasse zu eng für Fuhrwerke war, sodass diese immer wieder mit der Kirche kollidierten, wodurch beide Schäden nahmen.

Die vier Glocken wurden von der Gießerei Speck, Heidelberg gegossen. Hofuhrenmacher Anton Könner baute die Uhr mit drei vergoldeten Zifferblättern.

Nach einem Blitzeinschlag in den Kirchturm im Juli 1820 wurde dieser so stark beschädigt, das größere Maßnahmen notwendig waren. Die Gelegenheit wollte man nutzen, um weitere wichtige Arbeiten durchzuführen. Diese musste wegen Streitigkeiten aber um mehrere Jahre verschoben werden.

Weiteren Streit gab es als die Gemeinde den Platz neben der Kirche bebauen wollte. Sie wähnte sich im Eigentum der Fläche, die von Beginn an von der Gemeinde genutzt worden war. Die Saline erhob ihrerseits Anspruch auf den Platz und erhielt ihn zugesprochen, als sich zeigte, dass nahezu alle Unterlagen aus der Zeit des Kirchenbaus unauffindbar waren (und bis heute als verschollen gelten). Die Gemeinde musste den Platz von der Saline kaufen.

1865 begannen nach mehrjähriger Debatte umfangreiche Renovierungs- und Umgestaltungsarbeiten:

  • Über dem Hauptaltar entstand ein Fresko welches den gekreuzigten Jesus zeigte.
  • Links und rechts davon wurden die Fenster zugemauert um Platz zu schaffen für Bilder der alttestamentarischen Opfer des Abraham und des Melchisedek.
  • Als Ersatz wurde über der Sakristei ein neues Fenster geschaffen.
  • Grundsätzlich wurden alle Fenstergläser erneuert.
  • Rudolf Gleichauf und der Hüfinger Künstler Heinemann schufen Werke welche über den neu geschaffenen, prunkvolleren Nebenaltären Platz fanden.
  • Die Statuen in den Nischen, welche nun von den Bildern verdeckt wurden, wurden entfernt (über ihren Verbleib gibt es keine gesicherten Angaben)
  • Kanzel, Beichtstühle, Türen und die Treppe zur Empore wurden neu gefertigt
  • Die Blasebälge für die Orgel wurden versetzt.
  • Der Turm wurde saniert und ein Blitzableiter installiert.

Der Kreuzaltar und der Tabernakel aus fürstbischöflicher Zeit wurden in die Michaelskapelle gebracht, wo sie sich bis heute befinden.

Im März 1917 mussten die drei großen Glocken zu Kriegszwecken abgegeben werden. Erhalten blieb die kleine Glocke, welche mit dem fürstbischöflichen Wappen verziert war. Ersatz kam 1921 in Form von zwei Glocken der Firma Bachert, Karlsruhe. Sie waren dem hl. Josef und der hl. Maria geweiht und mussten im Zuge des Zweiten Weltkriegs wieder abgegeben werden.

Nachdem sich der lange geplante Kirchenneubau in den 1920er-Jahren zerschlagen hatte, wurde die Kirche 1934 erneut umfassend instand gesetzt. Für das Jahr 1940 war der Einbau einer zeitgemäßen Heizung vorgesehen. Ob dies erfolgte, ist nicht mehr nachvollziehbar.

Bei einem Bombenangriff auf Bruchsal am 21. Januar 1945 wurde der Chor mit den dort befindlichen Kunstwerken zerstört, das Schiff blieb unbeschäftigt. Der provisorische Wiederaufbau war fast abgeschlossen, die Wiederaufnahme des Gottesdienstbetriebs war für den 4. März vorgesehen, da wurde beim Großangriff auf Bruchsal der Rest des Gebäudes weitgehend zerstört. Ein paar wenige Kunstgegenstände überstanden den Angriff, da sie im Institut Sancta Maria in Sicherheit gebracht worden waren. Aus den Trümmern geborgen wurde eine unversehrte Paulusstatue und das fürstbischöfliche Wappen.

Im November 1948 war die Kirche provisorisch wieder für den Gottesdienst benutzbar. Da ein Abriss zu diesem Zeitpunkt bereits als sicher galt, wurde der Chor gar nicht erst wieder erbaut. Das Gebäude hatte nun Platz für etwa 250 Personen, was deutlich weniger war als benötigt. Eine einzelne Glocke wurde 1955 als Provisorium gegossen und sollte zunächst auch in der Kirche verbleiben, da Pfarrer Anton Menzer vorhatte, das Gebäude zu erhalten und als Versammlungsraum oder Jugendheim umzugestalten. Aus diesen Plänen wurde jedoch nichts. Mit Fertigstellung der neuen Kirche kam 1963 der Abriss des Altbaus.

Am Standort der alten Kirche erinnern heute drei Buntsandsteine am Rande einer Grünanlage an der Durlacher Straße (Ecke Bismarckstraße) an das Gotteshaus. Erinnern will man auch an die Opfer, die am 1. März 1945 bei dem Bombenangriff im Pfarrhaus ums Leben kamen. Die Gedenkstätte wurde am 2. November 2003 eingeweiht. Dieser Ort im Stadtplan:

Die neue Kirche

Zum ersten mal war im Jahr 1862 im Zuge notwendiger Arbeiten an der Kirche von einem vollständigen Neubau die Rede, da die Gemeinde stark angewachsen war und der Altbau deutlich zu klein wurde. Aus verschiedenen Gründen wurde der Plan zunächst nicht weiterverfolgt.

Dennoch beherrschte das Thema Neubau weiter die Gemeinde, so dass im Jahr 1900 vorsorglich ein Bauplatz gekauft wurde, um die Option des Neubaus offen zu halten. Josef Weiskopf trieb das Thema voran, in dem er ab 1909 die weiteren Schritte einleitete. So wurden die Eckdaten für einen Neubau festgelegt. 1000 Sitz- und weitere 600 Stehplätze wurden verbindlich vorgeschrieben. Spendenfinanziert sollte die Kirche gebaut werden, rund 200.000 RM wurden im Lauf der Zeit gesammelt. Heftige Diskussionen gab es bei der Gestaltung des Baus. Die Entwürfe reichten von einer starken Anlehnung an den Speyrer Dom (mit einem Turm der an die Bonifatiuskirche erinnert) bis zu einer Angleichung an den in Bruchsal vorherrschenden Barockstil. Durch den Ersten Weltkrieg gerieten die Pläne zunächst nicht in Gefahr, sie wurden lediglich dem Kriegsverlauf angepasst und entsprechend bescheidener gehalten. Erst die starke Inflation nach Ende des Kriegs und der damit verbundene Verlust des vorhandenen Geldes beendete die Pläne.

Durch die Zerstörung des Kirchbaus am 21. Januar 1945 wurden die Neubaupläne dann unaufschiebbar, so dass der Altbau nur noch provisorisch hergerichtet wurde. Nachdem der Neubau der Antoniuskirche, dem Vorzug gegeben worden war, abgeschlossen wurde, trieb Pfarrer Anton Menzer den Neubau auf dem 1900 gekauften Platz voran.

Der ursprüngliche Entwurf von Erhard Moritz für den Kirchenneubau war ein unter der Bezeichnung Atommeiler Gottes geführter Rundbau, der sein Licht ausschließlich von oben erhalten sollte. Dieser Entwurf wurde jedoch vom erzbischöflichen Bauamt abgelehnt. Moritz entwarf daraufhin einen Saalbau mit freistehendem Turm, der im Hauptschiff 670 Plätze fasste, im Nebenschiff 120. Zum Plan gehörte auch ein Übernachtungsheim für Autofahrer, welches später verworfen wurde.

Der erste Spatenstich zum Neubau der Pauluskirche fand am 29. Juni 1958 statt, die Grundsteinlegung Ende September. Im Grundstein befinden sich neben zeitgenössischen Gegenständen auch ein kleiner Stein der Akropolis, wo der Apostel Paulus der Überlieferung nach gepredigt hatte. Der Turm wurde im so genannten Gleitbetonverfahren erstellt: Jede Wand besteht aus einem einzelnen großen Betonstück, was zum Missfallen einiger Gemeindeglieder sonntägliches Arbeiten notwendig machte.

Die neuen Glocken wurden im Oktober 1959 von der Gießerei Bachert, Karlsruhe, im Beisein von Pfarrer Menzer und einiger Gemeindeglieder gegossen. Die künstlerische Gestaltung der Glocken stammt von Marlies Schneider. Sie sind den damals vier Bruchsaler Kirchenpatronen geweiht: Maria, Petrus, Damuan und Hugo sowie Paulus.

Zahlreiche Werke stammen von Theo Diel, die Ausführung der Bronzewerke übernahm die Bruchsaler Goldschmiede Wuchsa:

  • Altar, Kommunionbank (später entfernt), Kanzel, Taufstein und Weihwasserbecken wurden aus Maulbronner Sandstein geschaffen.
  • Der Bronzetabernakel ist mit Motiven zum Thema "Kommunion" versehen
  • Über dem Altar befindet sich eine Darstellung der Dreifaltigkeit.
  • Die vier Flügel des Hauptportals zeigen verschiedene biblische Motive

Von Emil Wachter stammen die mehrfarbigen Fenster rund um das Portal, die ebenfalls biblische Motive zeigen.

Am 3. April 1960 wurde die Kirche durch Bischof Augustin Olbert geweiht.

Das Pfarrzentrum wurde 1982 fertiggestellt.

1998/99 wurden umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt.In diesem Zusammenhang wurde die wenig genutzte Taufkapelle aufgegeben und eine helle Marienkapelle an ihrer Stelle eingerichtet. Der Altar, zuvor auf einer Empore stehend, wurde näher an die Gemeinde gerückt.

Im Mai 2015 wurde auf der Orgelempore Schimmelbefall festgestellt, diese wurde daraufhin gesperrt und die Heissler-Orgel aus dem Jahr 1963 gereinigt und grundlegend renoviert. Auch am Gebäude selbst wurden Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Am 19. November 2017 wurde die Orgel feierlich wieder in Betrieb genommen.

Die bisherigen Gemeindevorsteher

  • 26. Juni 1792 bis 1808: Lorenz Schüßler
  • 1808 bis Mai 1813: Müller
  • 1813 bis Okt. 1818: Gerhard Anton Holdermann
  • Okt. 1818 bis Juni 1821: Prof. Josef Steinräder
  • Juni 1821 bis Sept. 1825: Wenzelslaus Zuggelter, Kapuzinerpater
  • 1825 bis 15. Sept. 1830: Vikar Mercy von St. Peter (als Verwalter von St. Paul)
  • 15. Sept. 1830 bis Okt. 1842: Josef Gugert
  • 1842 bis 1843: Anton Simon (bisher Pfarrer von der Stadt- und Damianspfarrei in Bruchsal)
  • 1843 bis Sept. 1863: Josef Fischer
  • Febr. bis Sept. 1863: Friedrich Schulheiß
  • Sept. 1863 bis 15. Mai 1893: Gustav Oberle
  • Mai 1893 bis Aug. 1894: Vikar Karl Graf, Pfarrverweser
  • 1894 bis Okt. 1899: Dr. Julius Mayer Aug
  • Okt. 1899 bis Aug. 1901: Vikar Jakob Ibald, Pfarrverweser
  • Aug. 1901 bis Aug. 1904: Julius Berberich, Geistlicher Rat
  • Aug. 1904 bis Mai 1905: Vikar Philipp Eggs, Pfarrverweser
  • 15. Mai 1905 bis 18. März 1951: Josef Weiskopf, Geistlicher Rat
  • bis 15. Okt. 1951: Otto Dickgießer, Pfarrverweser
  • 17. Okt. 1951 bis 30. April 1990: Geistlicher Rat Anton Menzer
  • ab 1. Mai 1990: Manfred Diewald (Dekan)
  • April 1996 bis 2007: Dr. Jörg Sieger (zum 01.01.08 Auflösung der Pfarrei zu Pfarrei St. Peter)

Lage

Die Kirche befindet zwischen der Durlacher Straße und dem Hagelkreuz an der Kreuzung der Bundesstraße 3 und Bundesstraße 35.

Dieser Ort im Stadtplan:

Zeichen 224.svg  nächste Haltestelle: Bruchsal Tunnelstraße   

Literatur

  • Werner Greder und Werner Raab: „200 Jahre Pfarrgemeinde St. Paul Bruchsal, 1791-1991”, erschienen 1991 im Selbstverlag.

Weblinks