Stiftskirche Unsere Liebe Frau
Die Stiftskirche Unsere Liebe Frau ist eine Kirche in Bruchsal. Sie wird auch Stadtkirche genannt.
Die Pfarrei gehörte zur Seelsorgeeinheit St. Damian und Hugo und seit Ende 2014 zur neuen Seelsorgeeinheit St. Vinzenz. Sie wurde zum 1. September 2015 zugunsten der neuen Pfarrei St. Vinzenz aufgehoben.
An der Nordseite befindet sich eine Schönstattkapelle. Sie hat einen eigenen Eingang.
Geschichte
Genaue Kenntnisse über den allerersten Kirchbau an dieser Stelle liegen nicht vor. Aufgrund von Ausgrabungen vermutet man einen Bau in karolingischer Zeit (751 bis 911).
Namentlich bekannt ist die Kirche ab 1268 als „ecclesia Santa Maria“. Als „Stadtkiche“ ist sie mindestens ab 1345 bezeichnet. Unter der Kirche befand sich eine Gruft, die bei Ausgrabungen 1948 entdeckt wurde. Sie konnte nicht datiert werden. Die Überreste der darin bestatteten Stiftsherren waren bei ihrer Entdeckung in einem guten Zustand.
Auf bislang unbebautem, aber bepflasterten Grund wurde am 27. Mai 1447 der Grundstein für einen neuen Chor gelegt. Baumeister war Meister Lorenz, der vielfach in der Region aktiv war, aber auch an der Landauer Stiftskirche mitwirkte. Bis zur Fertigstellung vergingen 13 Jahre.
Ein neues Langhaus und der Turm wurden zwischen 1478 und 1504 vollendet. Aus dieser Zeit sind bis heute Reste der Turmfensterkonstruktion erhalten.
1507 wurde die Kirche an das bis dahin im Kloster Wigoldesberg gelegene Ritterstift übertragen, welche bis 1803 in der Baupflicht am Gebäude war. Mit der Einführung eines Taufsteins, eines Beichtstuhls und eines Pfarraltars vermutllich im Jahr 1588 wurde die Stiftskirche zusätzlich zu einer Pfarrkirche (einen Beleg hierüber gibt es aus dem Jahr 1590). Der Chor blieb dem Stiftskollegium vorbehalten. Die Nutzung der Sakristei durch Stift und Pfarrer sorgte in den folgenden Jahrzehnten immer wieder für Unstimmigkeiten, die erst durch den ins Stift eingetretene Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn beseitigt wurden.
1676 wurde Bruchsal und mit ihr die Kirche im Zuge des Holländischen Krieges weitgehend zerstört. Eine Vistitation aus dem jahr 1683 beschreibt eine notdürftig wiederaufgebaute Kirche, deren fünf Altäre in einem sehr schlechten Zustand waren.
Am 10. August 1689 wurden Stadt und Kirche beim Bombardement durch französische Truppen erneut zerstört. Der Wiederaufbau zog sich hin und wurde von Johann Georg Stahl verantwortet, unter Mitwirkung von Balthasar Neumann. Der Chor wurde 1717 gedeckt und erhielt ein Gewölbe in barockem Stil.
1723 war das Langhaus fertig gestellt, 1725 kamen zwei neue Altäre, wobei der Pfarraltar vom Osten ins südliche Seitenschiff verlegt wurde, ins nördliche Seiitenschiff stellte man einen Altar für die neu gegründete, Männerbruderschaft. Beide Altäre wurden vom kurpfälzischen Hofschreiber Zeller gefertigt. Valentin Götz und Ferdinand Schmutzer schufen einen Hochaltar, der aufgrund von wiederholten Änderungen nach 22jähriger Bauzeit 1745 fertiggestellt wurde. Ein weiterer Altar kam 1746 durch Stiftung hinzu.
Zum Inventar zählte auch eine Monstranz, 1728 von Franz betle aus Augsburg geschaffen. Sie wurde 1945 zerstört. Auch neue Glocken kamen schrittweise in die Kirche: 1705, 1722, 1749 und 1769. Überdauert hat nur jene aus dem Jahre 1722, "Susannenglocke" genannt und von Ludwig Gossmann, Landau, gegossen. Sie trägt neben einer Inschrift die über Alter und Herkunft informiert eine Darstellung der Stiftspatronen Petrus und paulus sowie eine Marie mit Gesuskind als Verzierung.
1750 wurde von Leonhard Stahl eine an den Chor angebaute kleine Sakristei errichtet. Sie diente dem weltlichen Pfarrer und löste den Konflikt mit dem Stift. Dieses erhielt etwa zeitgleich eine eigenen Anbau, welcher bis zur Aufhebung 1803 als Archiv diente, anschließend zur nunmehr einzigen Sakristei umgebaut wurde. Die beiden alten Sakristeien wurden abgerissen.
Kleinere Schäden erlitt das Gebäude im Frühjahr 1789 durch Tauwetterbedingte Überschwemmungen und in den Jahren 1792 bis 1794 durch die Folgen der Französischen Revolution. Gottesdienste waren in der Kirche verboten worden, die Kirche diente als Lagerhalle.
Nachdem das Ritterstift aufgehoben war, wurden nach und nach die Räume den neuen Voraussetzungen angepasst. 1808 wurde der Hochaltar zum neuen Pfarraltar geweiht, das zum Stift gehörende Inventar wurde in Teilen an die Gemeinde der in Planung befindlichen Karlsruher Kirche St. Stephan verkauft. Der Rest ging an die Mannheimer Münze, wo die Gegenstände eingeschmolzen wurden.
1911 erfolgte eine umfassende Renovierung durch Fritz Hirsch, der auch neue Sakristei und eine koksbetriebene Heizungsanlage einbaute. Aus der alten Sakristeri, die wegen Feuchtigkeit nicht als solche geeignet gewesen war, wurde die Schönstatt - Kapelle. 1914 schuf Josef Mariano Kitschker ein Wandgemälde, welches eine Begebenheit aus dem Jahr 1507 zeigt: Den Auszug des Kollegiatstifts aus Odenheim und dessen Einzug in der Stadtkirche. Über dem Hochaltar malte er eine Darstellung der "Mariä Aufnahme".
Im März 1917 wurden mit Ausnahme der kleinen "Susanna"-Glocke, welche aufgrund ihres Alters untauglich schien, entfernt. Sie wurden später ersetzt, aber im Zuge des Zweiten Weltkriegs wieder entfernt. Erneut blieb nur die "Susanna"-Glocke erhalten.
Beim Bombenangriff auf Bruchsal am 1. März 1945 wurde auch die Kirche fast vollständig zerstört.
Der eigentliche Wiederaufbau begann nach Sicherungsmaßnahmen und Provisorien im September 1947. Man entschied sich, den Chor im gotischen Stil, den Turm im Barocken Stil wiederherzustellen, sowie das alte Langhaus abzureißen um es im zeitgenössischen Stil vollständig neu zu bauen. Dabei mussten mangels Originalbaupläne die Rekonstruktionen anhand von Fotographien und teilweise durch Ausgrabungen erfolgen. Im Chor und am Turm konnte man auf erhalten gebliebene Reste zurückgreifen. Teilweise halfen auch die früheren Forschungen von Roman Heiligenthal.
Die Schlussteine des Langhaueses blieben, wenn auch teils beschädigt, erhalten. So entschied man sich, diese im Chor zu verwenden. Diese zeigen:
- St. Georg mit dem Drachen
- Die Passionswerkzeuge
- St. Michael
- Das Lamm Gottes
- Maria mit dem Jesuskind
Ende 1948 war der Chor soweit wiederhergestellt, dass ein provisorischer Altar errichtet wurde und am 6. Januar 1949 erfolgte die Benedizierung. Ende desselben Jahres fand eine von Emil Sutor neu geschaffene Marienstatue hinter dem Altar Platz. Die neue Orgel wurde im Dezember 1954 geweiht. Herbert Hajek schuf einen neuen Taufsteindeckel, Tabernakel und eine neue Kanzel. Im Chor fügte man Buntglasfenster von Prof. Geier aus Ulm ein, welche die Marienkrönung und Geistsendung sowie alttestamentarische Motive darstellen. Mit Fertigstellung des Turms 1958 galt der Wiederaufbau als abgeschlossen. Nachgeschoben wurde im Juli 1961 ein Kreuzweg von Benedikt Schaufelberger, Freiburg
1970 wurde ein neuer Altar aufgestellt und dahinter ein Kreuz aus dem Jahr 1581.Theo Diel schuf unter anderem einen neuen Ambo und eine Stele, auf welcher der Tabernakel Platz fand. Im Zuge der Arbeiten jenen Jahres wurde auch die Heizung erneuert, wobei das unter der Kirche befindliche und vergessene Grab des Pfarrers Ignatiius Heller (amtierend Februar 1743 bis zu seinem Tod im Juni desselben Jahres) wiederenteckt wurde.
Bei der Generalsanierung 1994/95 wurden die ursprünglichen gotischen Chor-Schlussteine, die sich zwischenzeitlich in der Hofkirche befunden hatten, im Eingangsbereich der Stadtkirche angebracht. Weitere Steine fanden 1999 im Vinzentiushaus Platz.
Es sind dies:
- Der Weltenherr
- Das Antlitz Christi
- Das Lamm Gottes
- Das Monogramm Jesu
- Die Sonne
- Der Löwe (=Der Evangelist Markus)
- Der Stier (=Der Evangelist Lukas)
- Das Wappen des Hochstifts Speyer
- Das Wappen Bischofs Ludwig von Helmstatt /Erbauer des Kirchenschiffs im 15. Jahrhundert)
Die Gemeindepfarrer ab 1588
Pfarrverweser sind kursiv angegeben.
zwischen 1622 und 1688 wurde die Pfarrei von St. Peter aus betreut. Zwischen 1688 und 1699 übernahmen Kapuzinerpatres die Seelsorge.
- 1588 bis 1593: Martynius Chylenius
- 1593 bis ? : Georg Simon Faust
- 1648(?) bis 1654 (oder später): Adam Reichardt
- ? bis ? : Johannes Mauer
- ? bis ? : Matthäus Haug
- um 1676: Isaak Lehn
- 1688 bis 1693: Pater Crescentius
- 1693 bis 1694: Pater Agritius
- 1694 bis 1697: Pater Fridericus
- 1697 bis 1698: Pater Valerius
- 1698 bis 1699: Pater Cyriacus
- 1699 bis 1720: Andreas Rohrmoser
- 1720 bis 1724: Nikolaus Heinrich Wagner
- 1724 bis 1730: Dr. Georg Ulrich Kellermann
- 1730 bis 1743: Johann Adam Weinrich
- 1743: Ignatius Heller
- 1743 bis 1751: Johann Adam Schröder
- 1751 bis 1762: Anton Mellier
- 1762 bis 1774: Paul Anton Kappler
- 1774 bis 1775: Valentin Goez
- 1775 bis 1777: Johann Ludwig Lett
- 1777 bis 1778: Petrus Wiesner
- 1778 bis 1784: Joseph Andreas Fleischütz
- 1784 bis 1785: Franz Anton Stephan
- 1785 bis 1788: Johannes Heß
- 1788: Sebastian Krug
- 1788 bis 1792: Fidelius Deubl
- 1792 bis 1796: Ludwig Ochsenbecker (oder Oxenbecker)
- 1796 bis 1807: Petrus Wiesner
- 1807 bis 1808: Konrad Hofacker
- 1808 bis 1825: Lorenz Schüßler
- 1825: Johann Baptist Lohr
- 1825 bis 1833: Franz Anton Keck
- 1833 bis 1834: Franz Josef Kolb
- 1834 Johann Adam Heneka
- 1834 bis 1838: Franz Xaver Ochs
- 1838 bis 1842: Franz Xaver Weingärtner
- 1842 bis 1843: Anton Simon
- 1843 bis 1862: Josef Gugert
- 1862 bis 1863: Joseph Herrmann Christ
- 1863 bis 1877: Aloys Schuh
- 1877 bis 1878: Franz Eduard Schäfer
- 1878 bis 1881: Dr. Ludwig Blasius Kästle
- 1881 bis 1894: Ludwig Degen
- 1894 bis 1896: Heinrich Joseph Brunner
- 1896 bis 1907: Josef Kunz
- 1907 bis 1939: Dr. Anton Wetterer
- 1939 bis 1953: Alfons Beil
- 1953 bis 1965: Franz Hennegriff
- 1965 bis 1985: Anton Heuchemer
- 1986 bis 2014: Edgar Neidinger
- 2014: Dr. Benedikt Ritzler
Adresse
- Stiftskirche Unsere Liebe Frau
- Anton-Wetterer-Straße 4
- 76646 Bruchsal
Die Kirche befindet sich am Marktplatz neben dem Rathaus.
Dieser Ort im Stadtplan:
- OpenStreetMap-Karte (49°7'27.84" N 8°35'49.56" O)
- Karlsruher Onlinestadtplan
- Yellowmap-Stadtwikiplan
Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Stadtkirche Bruchsal“
- Informationen über die Kirche auf der Internetpräsenz der Seelsorgeeinheit St. Vinzenz.