Juden in Karlsruhe
Juden in Karlsruhe
Geschichte
1348 werden erstmals Juden in Durlach erwähnt. 1547 nimmt Ernst I. von Baden-Durlach Schutzjuden auf, also Juden die gegen Bezahlung von Gebühren unter den Schutz des Kaisers gestellt wurden. 1672 legt Friedrich VI. von Baden-Durlach Bedingungen fest.
Der Privilegienbrief von 1715 garantierte die freie Religionsausübung aller Religionen, auch der Juden. 1783 wurde den Juden die Niederlassungsfreiheit gewährt und die Ausgleichzahlungen an die Pfarrer erlassen. Weiterhin hatten sie aber den Status von Fremdlingen, denen Rechte nur mehr oder minder und widerruflich zugebilligt wurden.
Seit 1755 bestand in Karlsruhe eine privilegierte Hebräisch-Druckerei. Als erstes veröffentlichte sie den Korban Netanel, ein Lehrbuch des Karlsruher Rabbiners Nathanael Weil (der ältere). 1769 publizierte sie den Seder ha-Dorot, eine Sammlung von Geschichtswerk, Literaturkatalog und Talmudkommentaren des litauischen Rabbiners Jehiel ben Solomon Heilprin.
nach 1806
Nach Gründung des Großherzogtum Baden wurde im 6. und 9. Konstitutionsedikt die Stellung jüdischer Staatsbürger festgelegt. Geistliche wurden beamtet, Als Verwaltungsorganisation entsprechend den christlichen Kirchen entstand der Oberrat. 1862 wurde die völlige Gleichstellung aller Bürger beschlossen.
In Karlsruhe wurde eine Synagoge gebaut, der gegen Ende des Jahrhunderts Neubauten folgten. Mit dem Bau waren beidesmal die führenden Architekten der Stadt beauftragt, Friedrich Weinbrenner bzw. Josef Durm.
Auch unter den Karlsruher Frauen waren Jüdinnen herausragend: Anna Ettlinger lebte als unverheiratete selbständige Literaturwissenschaftlerin. Rahel Goitein, Tochter des orthodoxen Rabbiners, war im Eröffnungsjahrgang des Mädchengymnasiums und hielt 1899 die erste Abiturientinnenabschlussrede in Deutschland. Irene Rosenberg promovierte 1915 als erste Frau an der Technischen Hochschule.
Politisch waren jüdische Bürger seit 1841 im Karlsruher Bürgerausschuss, seit 1861 im badischen Landtag präsent. Karlsruher Persönlichkeiten wie Moritz Ellstätter oder Fritz Haber gelangten im Kaiserreich zu Einfluss.
Um 1930 gab es über 3000 Juden in Karlsruhe. Jüdische Unternehmen bildeten bedeutende Wirtschaftsfaktoren, wie das Warenhaus Knopf und das Bankhaus Veit L. Homburger, oder waren auf den Bedarf der jüdischen Bewohner spazialisiert, wie das Hotel Nassauer Hof, die Matzenfabrik Strauß oder die koschere Metzgerei in der Markgrafenstraße 34.
nach 1933
siehe Judenverfolgung und Gedenkbuch für die Karlsruher Juden
nach 1945
Die Jüdische Kultusgemeinde ist durch Zuzug von Aussiedlern aus Russland erheblich gewachsen. 1971 konnte sie die neue Synagoge einweihen. 2006 hat sie über 800 Mitglieder.
Karlsruhe ist auch Sitz der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden K.d.ö.R.
1988 wurden ausgewanderte bzw. vertriebene Juden nach Karlsruhe eingeladen. Es fanden offizielle Veranstaltungen dabei statt: ein Empfang am 11. Oktober im Kongresszentrum sowie eine Gedenkstunde am 9. November (exakt 50 Jahre nach dem Sturm auf die Synagogen) in der Christuskirche. Die Gedenkrede hielt der damalige Bundesverfassungsgerichts-Präsident Prof. Dr. Roman Herzog und das Universitäts-Sinfonieorchester spielte.
Seit 2005 beteiligt sich Karlsruhe am jährlichen Europäischen Tag der Jüdischen Kultur.
Abspaltungen
Um 1820 gründeten zehn Familien den Tempelverein, der einen reformierten G'ttesdienst anstrebte (deutschsprachig, mit Musik und Predigt).
Nachdem die Gemeinde selbst zu einem reformierten Ritus übergegangen war und eine kirchenähnliche Synagoge gebaut hatte, bildete sich 1870 die orthodoxe Austrittsgemeinde, später Israelitische Religionsgesellschaft, mit eigener Synagoge und Friedhof.
Seit 2003 existiert eine Vertretung der orthodoxen Chabad-Bewegung.
siehe auch
Literatur
- Heinz Schmitt (Hrsg.): Juden in Karlsruhe. Beiträge zu ihrer Geschichte bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung, unter Mitwirkung von Ernst Otto Bräunche und Manfred Koch (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 8), Badenia Verlag, Karlsruhe 1988, ISBN: 3-7617-0269-8 (sowie überarbeitete Sonderausgabe Karlsruhe 1990, ISBN: 3-7617-0268-X, ebenfalls im Badenia-Verlag)
- Susanne Asche: Die jüdische Gemeinde als integrierter Bestandteil der Karlsruher Geschichte. Festvortrag zum 30jährigen Bestehen des Gemeindezentrums. [1]
- Josef Werner: Schicksale Karlsruher Juden (18 Beiträge) in den BNN, letzte Folge am 8. Januar 2008.
- Moshe N. Rosenfeld: Jewish printing in Karlsruhe: a concise bibliography of Hebrew and Yiddish publications printed in Karlsruhe between 1755 and 1840, including a listing of Judaica until the year 1899, based on public & private collections and Genizah discoveries - London 1997. - 144 S. Ill. ISBN: 0-9525634-5-2
Weblinks
- Das Stadtlexikon Karlsruhe des Stadtarchivs zum Thema „Juden in Karlsruhe“
- Carlsruhe in der Jewish Encyclopedia von 1904
- Jüdisches Bildungszentrum - Chabad Lubawitsch Karlsruhe