Ludwig Marum
Ludwig Marum (geboren 5. November 1882 in Frankenthal (Pfalz), ermordet 29. März 1934 im KZ Kislau) war Rechtsanwalt, SPD-Politiker und Opfer des NS-Regimes.
Leben
Nach dem Tod des Vaters zog die Familie 1904 nach Bruchsal, wo sie in ärmlichen Verhältnissen lebte. Ludwig konnte jedoch dank finanzieller Unterstützung durch einen Onkel das Bruchsaler Schönborn-Gymnasium besuchen, an dem er im Jahre 1900 das Abitur als Bester seines Jahrgangs mit der Note 1,0 ablegte. Nach Abschluss seines Jurastudiums in Heidelberg und München trat er 1904 in die SPD ein. Er beteiligte sich aktiv in der örtlichen Parteigliederung, was zur damaligen Zeit für Akademiker eher ungewöhnlich war. Innerparteilich wurde Marum durch Wilhelm Kolb, den damaligen SPD-Vorsitzenden von Karlsruhe, und Ludwig Frank, Mannheim, gefördert und maßgeblich geprägt.
Marum ließ sich nach dem zweiten Staatsexamen 1908 als selbständiger Rechtsanwalt in Karlsruhe nieder und stellte mittellosen Klienten seine Leistungen kostenlos zur Verfügung. Er war seit Anfang 1910 Mitglied des Karlsruher Arbeitersängerbundes „Lassallia“ und von Juli 1910 bis Mai 1919 Präsident des Badischen Arbeitersängerbundes, was seine Bekanntheit in Baden enorm erhöhte und sich als nützlich für seine politische Karriere erweisen sollte. - Im Jahre 1910 ging er mit Johanna Benedick, der Tochter eines jüdischen Zündholzfabrikanten aus Altenweiler (Pfalz) die Ehe ein. Aus der jüdischen Gemeinde trat er aus und wurde Mitglied der Freireligiösen Gemeinde.
Von 1911 bis 1921 war er Mitglied des Bürgerausschusses der Stadt Karlsruhe. Zudem war er ab Oktober 1914 Mitglied des Badischen Landtags und bis 1915 Vorsitzender der Justizkommission des Landtags. Er diente von 1914 bis 1918 als Landsturmmann im Durlacher Trainbataillon Nr. 16 und erhielt im Jahre 1917 das Kriegsverdienstkreuz. Am 9. November 1918 wurde Marum Mitglied des neu gebildeten revolutionären Wohlfahrtsausschusses in Karlsruhe und war ab 10. November Justizminister der „Vorläufigen Volksregierung in Baden“ bis zu deren Auflösung vor der Landtagswahl 1919.
Im neu gewählten Badischen Landtag war Marum von 1919 bis 1928 Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, danach bis 1933 Reichstagsabgeordneter. Er engagierte sich für die Abschaffung der Todesstrafe, für die Rechte der nichtehelichen Kinder, gegen die Diskriminierung der unverheirateten Mütter und für gleichen Lohn für Mann und Frau.
In der Endphase der Weimarer Republik bezog er gegen die aufsteigende nationalsozialistische Bewegung eindeutig Stellung. Besonders im Reichstagswahlkampf 1933 griff er die Politik Hitlers und der Nationalsozialisten öffentlich an, unter anderem bei einer Veranstaltung der SPD in Freiburg. Wegen seines engagierten Widerstandes gegen die NSDAP wurde Marum bereits am 10. März unter Missachtung seiner Immunität als Reichstagsabgeordneter verhaftet und im Karlsruher Bezirksgefängnis in „Schutzhaft“ genommen.
Am 16. Mai 1933 gehörte Ludwig Marum zu der Gruppe von insgesamt sieben Sozialdemokraten, die wegen ihres aktiven Widerstands gegen die menschenverachtenden Ideen des Nationalsozialismus in das Konzentrationslager Kislau in der Nähe von Bruchsal gebracht wurden. Die Überführung in einer sogenannten Schaufahrt wurde von den Nazis als demütigendes öffentliches Schauspiel inszeniert. Sechs der Verhafteten wurden nach und nach wieder entlassen. Sie mussten unterschreiben, sich zukünftig nicht mehr politisch zu betätigen. Marum unterschrieb nicht, da er an eine baldige Freilassung glaubte. Eine Flucht aus dem Konzentrationslager lehnte er als verantwortungsloses Handeln ab. Gegen den Rat Adam Remmeles pochte er auf eine Verlegung aus dem allgemeinen Schlafsaal in eine Einzelzelle. Das wurde ihm zum Verhängnis.
In der Nacht vom 28. auf den 29. März 1934 wurde Ludwig Marum in seiner Zelle durch den SA-Mann Karl Sauer und dessen Komplizen Heinrich Stix, Paul Heupel, Otto Weschenfelder und Eugen Müller heimtückisch ermordet. Die Zeitungen stellten seinen Tod zunächst als Selbstmord dar [1]. Am 3. April wurde er auf dem Karlsruhe Hauptfriedhof unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt. Seine Kinder sind aus Karlsruhe weggezogen; sie heißen Elizabeth Marum-Lunau, Eva Brigitte Marum und Hans Marum.
Am 4. Juli 1948 wurden die Mörder Marums verurteilt: Karl Sauer wegen Mordes zu lebenslänglichem Zuchthaus, Heinrich Stix wegen Beihilfe zum Mord zu drei Jahren Zuchthaus, Paul Heupel wegen Totschlags zu zwölf Jahren Zuchthaus und Otto Weschenfelder wegen Beihilfe zum Totschlag zu einem Jahr und drei Monaten Zuchthaus. Eugen Müller war schon 1943 in Russland gefallen. – Sauers lebenslängliche Zuchthausstrafe wurde 1955 durch den damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Gebhard Müller in 15 Jahre Zuchthaus umgewandelt und Sauers Internierungs- und Untersuchungshaft wurden auf die Haftzeit angerechnet, so dass er am 6. Juni 1960 in die Freiheit entlassen wurde.
Ehrungen
- Forum Ludwig Marum e.V., Karlsruhe
- Ludwig-Marum-Gymnasium, Pfinztal
- Ludwig-Marum-Preis, Karlsruhe
- Ludwig-Marum-Stiftung Pfinztal
- Ludwig-Marum-Straße, Karlsruhe
- Ludwig-Marum-Weg, Bruchsal
- Stolperstein vor seinem ehemaligen Wohnhaus (seit 9. August 2006)
- Gedenkstein zum 50. Todestag in Kislau
- Stolperstein vor dem Ständehaus (seit 10. November 2013)
- Gedenktafel in Bruchsal an seinem damaligen Gymnasium (seit 8. November 2014)
Ehrendoktorwürde
Staatsrat Ludwig Marum erhielt 1926 die Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Der Rektor Dr. Wolfgang Jäger erklärte hierzu am 27. September 2007 auf Initiative des Forums Ludwig Marum: „… Im Falle des ehemaligen Staatsrates Ludwig Marum möchte die Universität den SPD-Politiker nach wie vor als Ehrendoktor der Freiburger Universität ehren. Die Albert-Ludwigs-Universität erklärt öffentlich, dass sie die Entziehung der Ehrendoktorwürde als nicht vollzogen und Bestrebungen zur Entziehung als gegenstandslos erklärt. …“ Hintergrund war die Entziehung der Ehrendoktorwürde am 21. Januar 1938 durch Rektor Otto Mangold während der „Selbstentwürdigung der Universität durch den Nationalsozialismus“.[2]
Ehrengrab
Ludwig Marum hat seit 1984 ein Ehrengrab auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Man findet es vom Haupteingang kommend, wenn man sich Richtung Kleine Kapelle orientiert.
Am 5. November 2007 fand eine feierliche Kranzniederlegung anlässlich des 125. Geburtages und der anschließenden Ludwig-Marum-Preisverleihung 2007 der SPD Karlsruhe statt.
Dieser Ort im Stadtplan:
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Schriften
- Monika Pohl: Ludwig Marum. Ein Sozialdemokrat jüdischer Herkunft und sein Weg in der Weimarer Republik. Bretten (Verlag Lindemanns) 2024. ISBN: 978-3-96308-236-8
- Stadtarchive Karlsruhe und Mannheim (Hg.): Ludwig Marum: Das letzte Jahr in Briefen, 2016, von Loepper Literaturverlag, ISBN: 978-3-86059-374-5
- Briefe aus dem Konzentrationslager Kislau von Ludwig Marum, mit einem Lebensbild von Joachim Wolfgang Storck, herausgegeben von Elizabeth Marum-Lunau und Jörg Schadt im Auftrag der Stadtarchive Karlsruhe und Mannheim. Karlsruhe, 1984. (ISBN: 3-7880-9700-0)
Ausstellung
- „Ein Leben für Recht und Republik. Ludwig Marum“, 21. Oktober 2022 bis 17. Februar 2023 im Generallandesarchiv
Literatur
- Manfred Koch: Im Mittelpunkt der Mensch – Parlamentsreden Karlsruher SPD-Abgeordneter, Karlsruhe 2001, INFO Verlag, ISBN: 3-88190-281-3
- Monika Pohl: Ludwig Marum – Ein Sozialdemokrat jüdischer Herkunft und sein Aufstieg in der badischen Arbeiterbewegung 1882-1919, Karlsruhe 2003, INFO Verlag, ISBN: 3-88190-341-0
- Monika Pohl: Ludwig Marum – Gegner des Nationalsozialismus. Das Verfolgungsschicksal eines Sozialdemokraten jüdischer Herkunft, Karlsruhe 2013, INFO Verlag, ISBN: 3-88190-724-6
- Detlev Fischer: Karlsruher Juristenportraits – aus der Vorzeit der Residenz des Rechts, Karlsruhe, Verl. d. Ges. für Kulturhistor. Dokumentation, 2004. (Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums Karlsruhe; 9), ISBN: 3-922596-60-6, S. 58-64
- Ulrich Wiedmann: Der Kislau-Prozess – Ludwig Marum und seine Henker, ein szenischer Bericht, Edition Tintenfass, Neckarsteinach, September 2007, ISBN: 978-3937467405
Weblinks
- Biografie-Eintrag im Gedenkbuch für die Karlsruher Juden
- Biographie Ludwig Marums auf den Seiten des Ludwig-Marum-Gymnasiums
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Ludwig Marum“
- Publikationen von und über Ludwig Marum im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Das Stadtlexikon Karlsruhe des Stadtarchivs zum Thema „Ludwig Marum“
Fußnoten
- ↑ z.B. Frankfurter Zeitung vom 4. April 1934, Quelle Heft „Alternative Stadtrundfahrt” des Stadtjugendausschusses.
- ↑ Schreiben des Rektors der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg vom 27. September 2007 an das Forum Ludwig Marum und gleichlautend an die Nachfahren