Karlsruher Fächer
Der Karlsruher Fächer ist ein städteplanerisches Merkmal der Fächerstadt Karlsruhe. Sie ist eine der letzten großen Stadtgründungen, die auf dem Reißbrett entworfen wurden.
Geschichte
Am 17. Juni 1715 legte Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach den Grundstein für seine neue Residenz. Der Grundriss der neuen Schlossanlage zeigt einen Zirkel in einem „Sonnenfächer“ von 32 Strahlen, die von zwei Kreisen durchschnitten werden.
Vom Zentrum, dem Schlossturm aus gesehen, bilden die neun südlichen Strahlen Gassen der neuen Stadt. Die nördlichen 23 „Schlossstrahlen“ wurden zu Alleen in einer Parkanlage und führen in den Wald. Wichtige Gebäude wie z.B. das „Opera Haus“ oder die „Marställe“ wurden in der Verlängerung der Schlossflügel errichtet.
Zwischen Schloss und dem südlich gelegenen Zirkel mit den Verwaltungsgebäuden wurde der Schlossplatz angelegt. Der Bereich hinter dem Schloss im nördlichen Bereich wurde in „Tiergarten“ und Fasanengarten unterteilt. Jeder Alleenstrahl hinter dem Schloss bekam ein „Cabineter zu allerhand Thier und Vögeln“.
Waren 1721 die Gassen nach der Markgräflichen Familie und die Alleen nach Adligen benannt, so wurden später die Alleen nach den Ortschaften benannt, auf die sie zu liefen. Schon bald wurde die Erweiterung der Stadt, durch die Bebauung an der Stephanienstraße und Akademiestraße über das „Zirkelmaß“ hinaus, fächerartig fortgeführt. Die Benennung der neuen Straßen kam oft von Gasthäusern an denen sie lagen: Waldhorn, Krone, Adler, Kreuz, Lamm, Ritter.
Den südlichen Abschluss bildete zunächst eine Verbindungstaße vom Mühlburger Tor zum Durlacher Tor, die „Lange Strasse“, welche später in Kaiserstraße umbenannt wurde. Nach fortschreitender Ausdehnung bildete die weiter südlich gelegene Kriegsstraße den südlichen Abschluss. Die Alleen lagen nun im „Hardtwald“ und der Tiergarten hinter dem Schloss wurde zum Schlossgarten umbenannt. Im Laufe der Zeit wurden einige Bereiche umgestaltet. Durch den Stadtbaumeister Friedrich Weinbrenner erhielt Karlsruhe ab 1800 mit seinen klassizistischen Bauwerken eine besondere Note. Er war auch der Architekt der Via Triumphalis, der Nord-Süd-Achse, die in Karl-Friedrich-Straße umbenannt wurde.
Die weitere, städtebauliche Entwicklung Karlsruhes entlang der „Schlossstrahlen“, führte zu der Bezeichnung „Fächerstadt Karlsruhe“.
Die Alleen und Straßen heute
Das gleiche Bild mit Erläuterungen befindet sich hier.
Die Linkenheimer Allee führt etwas östlich an Linkenheim vorbei. Beginnt am Ahaweg und endet heute gut 8 km vom Schlossturm entfernt am Pfinz-Entlastungskanal.
Die Grabener Allee führt westlich an Graben vorbei. Beginnt An der Fasanengartenmauer und endet rund 15 km vom Schlossturm entfernt am Nordende des Hardtwaldes und ist somit der längste der 32 Fächerstrahlen.
Die Friedrichstaler Allee führt nach Friedrichstal, beginnt an der Fasanengartenmauer und endet gut 11 km vom Schlossturm entfernt in Friedrichstal.
Die Stutenseer Allee führt auf das Schloss Stutensee, der größte Abschnitt beginnt ebenfalls an der Fasanengartenmauer, macht einen kleinen Bogen um das Wildparkstadion und endet 4,6 km vom Schlossturm entfernt am Rand des Hardtwaldes bei Blankenloch. Einen kleineren Abschnitt gibt es noch zwischen Ahaweg und Schlosspark.
Die Blankenlocher Allee führt östlich an Blankenloch vorbei, beginnt am Fasanengarten, endet unter diesem Namen bereits am Ahaweg. Die Theodor-Heuss-Allee liegt ab Adenauerring bis zur Breslauer Straße auf dem Strahl.
Die Lärchenallee, früher "Hagsfelder Allee" führt auf das Nordende von Hagsfeld, beginnt am Fasanengarten, heißt ab Klosterweg dann Büchiger Allee. Auf diesem Strahl liegt am Ende der Lärchenallee die Großherzogliche Grabkapelle. Die Allee endet heute nach 3 km an der Straße Am Sportpark.
Die Hagsfelder Allee, früher "Hagsfelder Feld Allee" führt auf das Südende von Hagsfeld, beginnt am Fasanengarten und endet nach 2 km am Hirtenweg.
Die "Rintheimer Feld Allee" führte auf das Rintheimer Feld, endete beim heutigen Hauptfriedhof, heute nicht mehr vorhanden.
Die Richard-Willstätter-Allee, früher "Rintheimer Allee", führte bis Rintheim, endet am Adenauerring und heißt dann Am Fasanengarten bis zur Parkstraße, 1200 m vom Schlossturm.
Die ehemalige "Durlacher Allee" führte nördlich an Durlach vorbei, heute nicht mehr vorhanden.
Die Engesserstraße, früher "Gottesauer Allee" führt ungefähr auf das Schloss Gottesau, beginnt am Schloss und heißt heute Engesserstraße, die aber heute nur bis zum Fritz-Haber-Weg auf dem Fächerstrahl liegt, gut 700 m vom Schlossturm entfernt. Ging früher bis ca. zum Durlacher Tor.
Die Englerstraße, früher "Schulstraße", (im alten Stadtplan von 1886), war nur auf deren 200 m Fächerstrahl beschränkt.
Die Waldhornstraße, früher "Waldhorn Gass", beginnt am Schloss und endete an der Kapelle des alten Friedhofs 1100 m vom Schlossturm.
Die Kronenstraße, früher "Cronen Gass", beginnt am Zirkel und endet an der Fritz-Erler-Straße, 900 m vom Schlossturm.
Die Adlerstraße, früher "Hirsch Gass", beginnt am Zirkel und endet an der Baumeisterstraße, 1100 m vom Schlossturm.
Die Kreuzstraße, früher "Creutz Gass", beginnt am Zirkel, und endet an der Kriegsstraße, 750 m vom Schlossturm.
Die Karl-Friedrich-Straße als, zentrale Nord-Süd-Achse, früher "Marggraf Carl Gass", und "Bären Gass", beginnt am Marktplatz. Bis in Höhe Tullabad, 1500 m vom Schlossturm entfernt, ab Ettlinger Tor wird sie zur Ettlinger Straße.
Die Lammstraße, früher "Lang Gass", beginnt am Zirkel und endet an der Kriegsstraße, 640 m vom Schlossturm entfernt.
Die Ritterstraße, früher "Ritter Gass", beginnt am Zirkel und endet an der Kriegsstraße, rund 1050 m vom Schlossturm.
Die Herrenstraße,früher "Herren Gass", beginnt am Zirkel und endet am Karlstor, 1200 m vom Schlossturm.
Die Waldstraße, früher "Waldt Gass", beginnt am Zirkel, dort befand sich 1721 das "Linkenheimer Thor" und endet an der Sophienstraße, 1200 m vom Schlossturm.
Die Akademiestraße, früher "Academie Straße", auf einem Stadtplan von 1815 noch unbebaut, beginnt an der Hans-Thoma-Straße und endet an der Karlstraße.
Die Stephanienstraße, früher "Beyertheimer Allee", beginnt an der Hans-Thoma-Straße und endet am Kaiserplatz bzw. Mühlburger Tor, rund 1300 m vom Schlossturm.
Die Bismarckstraße, früher "Grünwinkler Allee", führt nördlich an Grünwinkel vorbei. Sie beginnt an der Hans-Thoma-Straße, wobei sich bereits schon die Orangerie-Gebäude im Botanischen Garten am Fächerstrahl orientieren, und endet gut 1200 m vom Schlossturm entfernt an der Reinhold-Frank-Straße. Führte früher bis ca. zur heutigen Blücherstraße.
Die Moltkestraße, früher "Mühlburger Allee", führt nördlich an Mühlburg vorbei. Beginnt am Schloss und folgt dem Fächerstrahl bis zum Burgunderplatz, 2,3 km vom Schlossturm entfernt, und knickt dann ab.
Die Knielinger Allee führt südlich an Knielingen vorbei, begint an der Willy-Brandt-Allee und endet an der Kußmaulstraße nach 2,4 km Länge ab dem Schlossturm.
Die Willy-Andreas-Allee, früher "Stangenacker Allee" oder "Knielinger Feld Allee", beginnt an der Willy-Brandt-Allee und endet am Ikarus-Platz, gut 1,8 km vom Schlossturm entfernt. Sie wechselt ihren Namen bis dahin in Michiganstraße und Alfons-Fischer-Allee.
Die Binsenschlauchallee beginnt an der Willy-Brandt-Allee und endet am Adenauerring, 1,2 km vom Schlossturm entfernt.
Die Welschneureuther Allee führte auf das Südende von Welschneureut (südliches französisches Neureut) und beginnt an der Willy-Brandt-Allee und endet an der Kentuckyallee, 1,4 km vom Schlossturm entfernt. Früher führte sie über den heutigen Alten Flugplatz hinaus bis nach Welschneureut.
Die Teutschneureuther Allee führte auf das Südende von Teutschneureut (nördliches, ursprüngliches Neureut), beginnt am Ahaweg und endete am Kanalweg, 2 km vom Schlossturm entfernt. Mittlerweile ist der Fächerstrahl aber wieder als Teil des Vermontrings bis zur Straße Am Wald, dem alten Endpunkt, durchgezogen, 2,35 km vom Schlossturm entfernt. Ein Stückchen nördlich des Adenauerrings wechselt sie heute ihren Namen in Kentuckyallee.
Die Kurze Allee beginnt am Ahaweg und endet am Kanalweg, 1,9 km vom Schlossturm entfernt.
Die Eggensteiner Allee führt auf das Ortszentrum von Eggenstein-Leopoldshafen, beginnt am Ahaweg und endet als Fächerstrahl an einer Gabelung beim Rosenhof, 2,2 km vom Schlossturm entfernt.
Übersicht der 32 Straßennamen
Prospect CAROLSRUHE von 1721 | CARLSRUHAE CONSPECTUS von 1760 | PLAN von Carlsruhe von 1838 | heutiger Name |
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Drays Obrist (Allee) / nach Linckeheim | Linkenheimer Allee | Linkenheimer Allee | |
Schott (Allee) / nach Graben | Grabener Allee | Grabener Allee | |
Graf Carl Lein Westerburg (Allee) / nach Friderichthal | Friedrichstaler Allee | Friedrichstaler Allee | |
Hr.v. Uxkull (Allee) / nach Stutten See | Stutenseer Allee | Stutenseer Allee | |
Hr.v. Greck (Allee) / zwische Blankenloch u. Buchet | Blankenlocher Allee | Blankenlocher Allee | |
Hr.v.Wallbronn (Allee) / Hags Felder Feld | Hagsfelder Allee | Lärchen Allee | |
Hr.v.Dungern (Allee) / Hags Felden | Hagsfelder Feld Allee | Hagsfelder Allee | |
Hr.v.Schütz (Allee) / Rintheimer Feld Oriens. | Rintheimer Feld Allee | nicht mehr existent | |
Hr.v.Leutrum (Allee) / nach Rintheim | Rintheimer Allee | Richard-Willstätter-Allee | |
Hr.v.Bade u. Liel (Allee) / nach Durlach | Durlacher Allee | nicht mehr existent | |
Hr.v.Grisheim (Allee) / Gotsau | Gottesauer Allee | Engesserstraße | |
Hr.v.Zigesar (Allee) / Ruppurg | nicht benannt | Englerstraße | |
Gunzer (Gass) | Waldhorn Gass | Waldhorn Straße | Waldhornstraße |
Löwencrantz (Gass) | Cronen Gass | Kronen Straße | Kronenstraße |
Rotberg (Gass) | Hirsch Gass | Adler Straße | Adlerstraße |
Prinz Friderich (Gass) | Creutz Gass | Kreuz Straße | Kreuzstraße |
Marggraf Carl (Gass) | Bären Gass | Carl-Friedrich Straße | Karl-Friedrich Straße |
Marggraf Christoph (Gass) | Lang Gass | Lamm Straße | Lammstraße |
Graf Leiningen (Gass) | Ritter Gass | Ritter Straße | Ritterstraße |
Iung Drays (Gass) | Herren Gass | Herren Straße | Herrenstraße |
Planta (Gass) | Waldt Gass | Wald Straße | Waldstraße |
Hr.Gen. v. Roth (Allee) / Beyrtheimer Feld | Academie Straße | Akademiestraße | |
Hr.v. Grunnthal (Allee) / Krah Winckelig | Stephanien Straße | Stephanienstraße | |
Hr.v. S. Andre (Allee) / Mühl Burg Occidens. | Grünwinkler Allee | Bismarckstraße | |
Hr.v. Berlichinger (Allee) / Mühl Burg | Mühlburger Allee | Moltkestraße | |
Hr.v. Menzingen (Allee) / Knielinger Feld | Knielinger Allee | Knielinger Allee | |
Hr.v. Wormser (Allee) / Knielingen | Stangenacker Allee | Willy-Andreas-Allee | |
Hr.v. Bernshausen (Allee) / Knielingens Feld | Binsenschlauch Allee | Binsenschlauchallee | |
Hr.v. Woellwart (Allee) / Langen Candel | Welsch Neureuther Allee | Welschneureuter Allee | |
Hr.G. v. Schilling (Allee) / Welsch Neureut | Teutsch Neureuther Allee | Teutschneureuter Allee | |
Hr.v. Glauwitz (Allee) / Teutsch Neureuth | Kurze Allee | Kurze Allee | |
Hr.v. Vasold (Allee) / von Eggenstein | Eggensteiner Allee | Eggensteiner Allee |
Seit 2002 engagiert sich der Verein Sonnenfächer Karlsruhe um eine Hervorhebung des Fächers im Straßenbild der Innenstadt.
Lage
Der Fächer ist gegen die Nordrichtung um 4,2° im Uhrzeigersinn verdreht. Dieser Ort im Stadtplan:
- Yellowmap-Stadtwikiplan
- Wartungshinweis: Stadtplan-Koordinaten müssen umgerechnet werden
Souvenir
Als Souvenir für Karlsruhe gibt es auch einen Karlsruher Faltfächer der Druckerei Berenz.
Stadtgrundriss von Washington D.C.
Der spätere US-Präsident Thomas Jefferson kam auf seiner Deutschlandreise 1788 auch nach Karlsruhe. Der Stadtgrundriss beeindruckte ihn so, dass er ihn skizzierte und in die USA mitnahm. Da der Stadtgrundriss von Washington D.C. deutliche Parallelen zu dem von Karlsruhe aufweist - die Straßen gehen vom Kapitol und von der Union Station ab, wie hier vom Schloss - und Jefferson zur Zeit des Baus der US-Hauptstadt zu den führenden Köpfen der amerikanischen Politik gehörte, scheint sicher zu sein, dass der Stadtgrundriss von Washington D.C. vom Karlsruher Fächer mit inspiriert wurde. 2001 wurde der Thomas-Jefferson-Platz (der nicht zum Fächer gehört) benannt.
Literatur (Auswahl)
- Gottfried Leiber: Der Karlsruher Fächergrundriss: verborgene Geometrie, in: Blick in die Geschichte Nr. 77 vom 21. Dezember 2007, Seite 1 f. (und online auf der Webpräsenz der Stadt Karlsruhe)