Otto Härdle

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Gedenktafel am Katzenturm

Otto Härdle (* 3. September 1900 in Heidelsheim; † 24. September 1978) war Lehrer, Geschichtsforscher und Ehrenbürger von Heidelsheim.

Familie

Härdles Großvater Franz Thomas Härdle bewohnte ab 1862 am Kanzelberg 6 ein Haus, in dem eine Weberei eingerichtet war. Im selben Jahr hatte sich aktiv dem Pietismus und der Musik zugewandt, was auch Auswirkungen auf Härdles Vater Karl, geboren 1862, hatte. Zusammen mit seiner Frau, Elisabeth Schüßler, sowie deren Eltern lebte Karl Härdle zunächst in Karlsruhe, bis er 1892 die Stelle als Ratsschreiber in Heidelsheim annahm.

Otto Härdle wurde als jüngstes der acht Kinder des Ehepaares geboren.

Zu seinem ältesten Bruder Karl pflegte Otto Härdle enge Beziehung.. Unter anderem kam Otto in den 1910er Jahren über Karl zum lebenslang betriebenen Hobby Fotografie. Er verband dies später mit einem weiteren Hobby, dem er ausgiebig nachging: Er wanderte gemeinsam mit seiner Frau ausgiebig durch Süddeutschland. Darüber wir allgemein über Themen zu Natur und Garten publizierte Härdle ab den 1930er Jahren wiederholt.

1925 verlobte er sich mit der Lehrerin Bertha Ehrler, die 1920 nach Heidelsheim versetzt worden war und im dortigen Rathaus ihre Dienstwohnung hatte. Die Heirat erfolgte im Dezember 1927 in Karlsruhe. Im Oktober 1929 kam ein Sohn zur Welt, eine Tochter folgte im März 1933. Ein zweiter Sohn wurde 1941 geboren. Die Familie wohnte in der Damaschkestraße 65.

Beruflicher Werdegang

Er besuchte zunächst 1907 bis 1911 die Volksschule und ab September 1911 für sechs Jahre die Oberrealschule Bruchsal.

Direkt im Anschluss wechselte er ans Lehrerseminar Karlsruhe, bis er am 12. Juni 1918 als Freiwilliger seine Einberufung zum Kriegsdienst erhielt. Als Grenadier war er zunächst in Mannheim, später an der belgisch-französischen Grenze eingesetzt. Anders als er später den Behörden angab, die über eine Anerkennung als Frontkämpfer und damit die Beförderung zum Hauptlehrer zu entscheiden hatte, war Härdle nicht an einem Kampfeinsatz beteiligt.

Nach Kriegsende wurde er zum 27. November entlassen und setzte ab Januar 1919 seine Ausbildung bis zum Abschluss mit der Gesamtnote „ziemllich gut“ im Juni 1920 fort.

Da er nicht direkt eine Anstellung im badischen Schuldienst fand (dies geschah erst im November 1921 als Hilfslehrer) übernahm er im pfälzischen Marnheim eine Stelle als Erzieher an einer Privatschule. Im Januar 1922 ersetzte er seinen berufsunfähigen Bruder an der Schule in Waldangelloch. Hier stieg er zum Unterlehrer auf und belegte die Zusatzprüfung für „Geschichte und Geographie“. Sein erklärtes Ziel war es allerdings, nach Karlsruhe oder in die unmittelbare Umgebung versetzt zu werden. Seine Argumentation, er benötige Zugang zu kulturellen Einrichtungen, um sich weiterbilden zu können, führte dazu dass er 1925 erst nach Eppelheim bei Heidelberg, nach seinem Einspruch nach Helmstadt versetzt wurde. Er ließ sich daraufhin krankschreiben und zog zu seinen Eltern, die inzwischen in der Friedrich-Wolff-Straße 86 wohnten. Zum 1. September 1925 wurde er an die Welschneureuter Volksschule versetzt. 1927 strebte er erneut zunächst den Wohnungs-, dann den Dienstwechsel nach Karlsruhe an. Die Wohnung in der Hardtwaldsiedlung erhielt er 1927, dem Versetzungsgesuch wurde nach einigen Ablehnungen durch das Schulamt stattgegeben und er kam im Januar 1930 als Hilfslehrer an die Karlsruher Volksschule. Nach mehrjährigem Bemühen und Disputen mit dem Schulamt über seine politische Gesinnung wurde er im November 1937 schließlich zum Hauptlehrer und damit zum Beamten auf Lebenszeit ernannt.

Noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs kam er ab Ende August 1939 als Soldat nach Bruchhausen. Als Unteroffizier war er 1940 am deutschen Einmarsch in Straßburg teil. Nachdem er in seiner Eigenschaft als Lehrer seine Unabkömmlichkeit erreicht hatte, wurde er 1941 zuerst in Straßburg, danach in Gingsheim eingesetzt, wo er zum Schulleiter ernannt wurde. Erfolgreich bemühte er sich um seine Rückversetzung nach Karlsruhe, wo er ab Januar 1942 an die Wilhelm-Gustloff-Schule versetzt wurde. Im September 1943 musste er abermals Kriegsdienst leisten. Zunächst als Aufseher eines Kriegsgefangenenlagers, dann als Schreiber blieb er bis April 1944 in Deutschland. Anschließend übte er beide Tätigkeiten an verschiedenen Orten in Italien aus. Nach Kriegsende verbrachte er 14 Monate bei Neapel in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, wo er unter anderem als Prediger und Organist der evangelischen Gemeinde tätig sein konnte, aber auch der Fotografie nachgehen konnte.

Im September 1946 wurde er zum Rektor der Tullaschule II (Mädchenschule) berufen. Er erhielt bald den Beinamen „Feier-Härdle“ da er bei jeder sich bietenden Gelegenheit (Weihnachten, Jubiläen, Einweihungen) die Organisation der zugehörigen Festivität übernahm und in größerem Stil gestaltete.

Zum 31. März 1966 trat Härdle in den Ruhestand.

Politisches

In jungen Jahren war Härdle überzeugter Monarchist und Nationalist konservativer Prägung. Damit begründete er auch seine freiwillige Teilnahme am Ersten Weltkrieg. Nach dessen Ende wandte er sich der Sozialdemokratie zu. Zusammen mit seiner Frau trat er 1927 in die SPD ein. Öffentlich äußerte er sich ab Ende der 1920er Jahre gegen den aufkommenden Nationalsozialismus sowie gegen die Zentrumspartei und die römisch-katholische Kirche. Bis Mitte 1930 war er aktiv als Redner und Publizist für die SPD aktiv, danach zog er sich aus der Politik zurück.

Im August 1933 wurde sein Haus mehrfach von der SA und der Polizei nach NS-feindlichen Schriften durchsucht. Mit den Schulbehörden stand er regelmäßig in Konflikt, da er sich nicht vollständig auf Parteilinie begab, sondern durch Verweigerung von Formalitäten oder Missachtung der NS-Hierarchie aktenkundig wurde. Zugleich betonte er seine nationalsozialistische Gesinnung besonders, wenn es darum ging, von ihm gewünschte Versetzungen und Beförderungen zu erlangen. In Gingsheim wurde er gerügt, weil er sich geweigert hatte die vorgeschriebene Hakenkreuzflagge an er Schule hissen zu lassen.

Härdles Entnazifizierungsverfahren endete 1947 mit den Status „entlastet“. Im selben Jahr lehnte er den zunächst zugesagten Vorsitz an einer Spruchkammer ab.

Heimatforscher

Erstmals 1924 in der Festschrift zum 25jährigen Jubiläum des Turnverein Heidelsheim 1899 schrieb er einen Text zur örtlichen Historie. Ab 1931 forschte er intensiv in verschiedenen Archiven zur Heidelsheimer Geschichte, unter anderem in Karlsruhe, München, Speyer und Mainz. Einzelne Ergebnisse publizierte Härdle regelmäßig in verschiedenen Zeitungen bis 1939. Im selben Zeitraum hielt er eine Reihe von Vorträgen, welche er mit eigenen Fotografien illustrierte.

Als die Stadt Heidelsheim sich um die Anerkennung einer Stadtfahne bemühte, steuerte Härdle den letztlich angenommenen Entwurf bei.

1935 erhielt sein unverlangt eingesandter Entwurf zur Restaurierung des Ratsbrunnen den Zuschlag.

Ab 1937 kam das Thema auf, dass Härdle eine Ortschronik im Auftrag der Stadt Heidelsheim verfassen solle. Es kam zum Streit mit der Gemeinde über verschiedene Aspekte der geplanten Publikation. Nach längeren Auseinandersetzungen und wiederholter Verschiebung des Veröffentlichungstermins beendete der Beginn des Zweiten Weltkriegs das Projekt endgültig.

Daneben publizierte er in verschiedenen Zeitungen und hielt in Heidelsheim Vorträge über die Ortsgeschichte.

1949 wurde er gebeten, bei der Wiedererlangung der Bezeichnung „Stadt“ für Heidelsheim unterstützend tätig zu werden. Er verfasste ein Gutachten und darauf basierend einen ausführlichen Zeitungsartikel. Um seiner Arbeit Nachdruck zu verleihen, hielt er auch ab 1951 wieder Vorträge zum Thema Heidelsheimer Geschichte. Als ersichtlich war, dass die Bemühungen Erfolg haben würden, wurde Härdle als Gutachter für das zu erstellende Amtssiegel bestellt.

Nachdem 1954 Albert Jäger wieder Bürgermeister Heidelsheim wurde, zog sich Härdle aus Heidelsheim zurück und kam erst 1959 durch Initiative des neuen Bürgermeisters Herbert Doll wieder dazu. Doll initiierte die Veröffentlichung des zwanzig Jahre zuvor nicht erschienenen Heimatbuches. Härdle überarbeitete seinen alten Text, erstellte neue Fotografien und Zeichnungen, so dass das Buch zu Ostern 1960 veröffentlicht werden konnte. Es trägt den Titel „Heidelsheim – Geschichte und Bild der ehemaligen Reichsstadt”. Nach dem Erfolgt und der außerhalb wissenschaftlicher Medien hochgelobten Publikation wurde Härdle als Dank für sein bisheriges Wirken in der Heimatforschung die Heidelsheimer Ehrenbürgerwürde verliehen.

Das Buch erschien 1990 in unveränderter Neuauflage.

Die Heimattage 1962 anlässlich der 500-Jahr-Feier der „Schlacht bei Seckenheim“, in die Heidelsheim involviert war, gingen auf Härdles Initiative zurück. Von ihm stammt auch das zu diesem Anlass aufgeführte Theaterstück „Des Schultheißen Sohn und das Hirtenmädchen“. Härdles Bemühungen, den SDR und das Badische Staatstheater an der Inszenierung zu beteiligen, schlugen hingegen fehl.

1966 begann er zunächst eigeninitiativ, die anstehende 1200-Jahr-Feier Heidelsheim zu gestalten. Auf ihn gehen eine Reihe von Gedenk-und Infotafeln im Ort zurück. Härdle ging so weit, dass er ungefragt den Eigentümern mehrerer Häuser detaillierte Wünsche übermittelte, wie sie die Inschriften auf ihrer jeweiligen Fassade gestalten sollten. Er entwarf auch Scherenschnitte, die als Postkarten verkauft wurden und das 1970 durchgeführte Fest mitfinanzierten. Im Zuge dieser Feierlichkeiten wurde auch die seit 1962 von Härdle maßgeblich mitgestaltete Ausstellung im Heimatmuseum Heidelsheim eröffnet.

Als ab 1976 die Umgestaltung des Heidelsheimer Marktplatzes zum Thema wurde, klinkte Härdle sich in die Diskussion ein und warb für die ursprünglich nicht vorgesehene Anpflanzung von Kastanien, was letztlich auch erfolgte.

1942, anlässlich des Geburtstags seines Großvaters, hatte Härdle nach zehn Jahren Recherche eine Familienchronik verfasst, welche weit bis in die Zeit vor dem Zuzug der Härdles nach Heidelsheim zurückreicht. Er nahm die Arbeit Mitte der 1970er Jahre noch einmal auf.

Trivia

  • Härdles Urgoßvater mütterlicherseits, Friedrich Schüßler, war Bürgermeister in Eichtersheim.
  • Härdles Bruder Wilhelm (1899-1978) war Organist und Chorleiter an der Lutherkirche und in den 1950er und frühen 60er Jahren Dozent an der Pädagogischen Hochschule
  • Eine der wenigen male, dass Otto Härdle sich außerhalb von Heidelheim engagierte, war der Fall des Wasserschlosses Menzingen.Hier bemühte er sich erfolglos um den Wiederaufbau.

Schriften

  • Heidelsheim – Geschichte und Bild der ehemaligen Reichsstadt, herausgegeben von der Stadt Heidelsheim. Karlsruhe (Braun) 1960
  • Festschrift zum 1200jährigen Jubiläum der Stadt Heidelsheim, Kreis Bruchsal, herausgegeben von der Stadt Heidelsheim. Heidelsheim (Stadt Heidelsheim) 1970

Ehrungen

Literatur