Nachkriegszeit
Die Zeit nach einem Krieg wird als Nachkriegszeit bezeichnet. Im engeren Sinn ist in Deutschland mit Nachkriegszeit die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gemeint.
Allgemein
Nach dem Zweiten Weltkrieg lagen viele Städte, so auch Karlsruhe, in Trümmern und mussten wieder aufgebaut werden. Besonders die ersten zehn Jahre nach 1945 waren durch Hunger und generellem Mangel, gekennzeichnet. So wurde am 1. April 1946 die Lebensmittelration die es auf Karten gab, in der amerikanischen Besatzungszone von 1.550 Kalorien auf 1.275 herabgesetzt. Am 27. Mai wurde auch noch die Brotration gekürzt. In der Folge blühte der Schwarzhandel. Am 30. September 1946 wurden die ersten "Care-Pakete" mit Lebensmitteln aus den USA verteilt.
Wirtschaft
- Mit Beginn der Stromumstellung im Mai 1950 von 110 auf 220 Volt (geschätzte Dauer der erforderlichen Arbeiten im Stadtgebiet war etwa 10 Jahre), begann das Wirtschaftswunder. Die "Tante Emma Läden", in der Nachbarschaft, die z.B. die Milch noch offen verkauften, wurden langsam von den Handelsketten verdrängt. Durch den enormen Nachholbedarf an Waren, der verbesserten Infrastruktur und der Wirtschaftshilfe (Marshall-Plan) kam es zu einer wirtschaftlichen Blüte.
Wiederaufbau: Architektur in Karlsruhe
- Nach sechsmonatiger Bauzeit wurde am 19. August 1953 die nach Plänen von Prof. Dr. Erich Schelling erbaute Schwarzwaldhalle am Festplatz eröffnet. Als erste Veranstaltung findet ein Therapiekongress statt. Die Hallenkonstruktion, ein säulenfreier Raum mit Spannbetondecke, fand in Fachkreisen weltweit Beachtung. Am 21. April 1955 wurden dort die Ringerweltmeisterschaften eröffnet.
Verkehr und Technik
- Die alten elektrischen Straßenbahnwagen, die seit 1929 eingesetzt wurden, waren im Karlsruher Stadtbild allgegenwärtig. Die Fahrgäste saßen sich auf zwei langen Holzbänken gegenüber. Die Bahn fuhr erst weiter, nachdem der Schaffner eine lederne Leine zog und damit eine Glocke betätigte. Die Fahrkarten und das Wechselgeld hatte er wie in einem "Bauchladen" vor sich. Es gab auch "Trittbrettfahrer", zumindest bis zur nächsten Haltestelle, die bei einer überfüllten Bahn außen auf der Treppe standen.
- Am 16. Februar 1952 wurden die ersten drei Fernsprech-Wahlämter, welche die Handvermittlungen ersetzten, in Betrieb genommen.
- Am 5. September 1952 erhält Karlsruhe Südwestdeutschlands größte Autogarage mit etwa 200 Abstellplätzen in der Karlstraße südlich der Mathystraße. Der Bau ist 1955 fertig gestellt.
- Im September 1953 Im Lichthof des Kaufhaus Union (Hertie) wurden die ersten Rolltreppen in Karlsruhe installiert.
- Am 1. Juni 1954 war die erste Anmeldung eines Fernsehgerätes im Stadtgebiet. Im Dezember 1956 waren es schon etwa 2.700.
- Am 3. Februar 1956 wurde eine Verkehrsampel am Marktplatz in Betrieb genommen, die mit der Ampel an der Ritterstraße zu einer "grünen Welle" abgestimmt war.
- An der heutigen Kreuzung Adenauerring / Willy-Brandt-Allee hing ein Ampelwürfel, eine "Grün-Rot Ampel mit Drehzeiger".
- An großen Straßenkreuzungen regelte bei starkem Verkehrsaufkommen ein Verkehrspolizist in weißem Lackmantel und weißen Handschuhen den Straßenverkehr.
- In Karlsruhe gab es Gaslaternen als Beleuchtung. Die gute alte Gaslaterne leuchtete in Karlsruhe das erste Mal am 30. November 1846 auf dem Schlossplatz (Karl-Friedrich-Denkmal). 1912 wurde eine elektrische Straßenbeleuchtung zum ersten Mal in Betrieb genommen. Am 3. Dezember 1973 löschte Oberbürgermeister Otto Dullenkopf die letzte Gaslaterne in Karlsruhe.
Kunst und Kultur
- Am 23. Oktober 1947 erfolgt die Wiederaufnahme des Unterrichts an der Badischen Akademie der Bildenden Künste. Mit HAP Grieshaber wird 1955 ein geistiger Erneuerer an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste berufen.
- Nachdem der Karlsruher Verleger Karl Fritz 1948 den Bambi-Filmpreis ins Leben rief, kam bis 1964 die nationale und internationale Filmprominenz zur jährlichen Preisverleihung in die Schwarzwaldhalle. Ein besonderer Publikumsmagnet war Sophia Loren bei ihrem Besuch 1961.
- 15. Mai 1954 war die Einweihung des Neubaus für das Jugendheim am Engländerplatz. Es erhält am 21. März 1967 den Namen Anne-Frank-Heim.
- Ein unter Jugendlichen sehr beliebter Radiosender war der Soldatensender "AFN" (American Forces Network), der unter anderem auch "ELVIS" spielte.
- In einigen Gaststätten spielten Tanzbands, so auch im Krokodil am Ludwigsplatz.
Freizeit
- Nachdem 1950 eine Siedlung für Angehörige der Amerikanischen Armee östlich der Erzbergerstraße entstand, organisierte die US-Armee beim altem Flugplatz ein Deutsch-Amerikanisches Volksfest.
- Am 15. Mai 1946 wird das Rheinstrandbad Rappenwört und im April 1947 der Stadtgarten wiedereröffnet.
- Ab 1948/1950 begann der Wiederaufbau der Gewächshäuser im Botanischen Garten.
Siehe auch
- 1950er
- Aufräumungs-Arbeitsgemeinschaft Karlsruhe
- Besatzung
- Schuttsammelplatz, Schuttbahn
- Trümmerberg
- Bilder aus der Nachkriegszeit
Literatur
- Barbara Guttmann: "Zwischen Trümmern und Träumen", Karlsruherinnen in Politik und Gesellschaft der Nachkriegszeit, herausgegeben von der Stadt Karlsruhe (Frauenbeauftragte und Stadtarchiv), Karlsruhe 1997 ISBN: 3-923344-39-2
- dieselbe: Den weiblichen Einfluss geltend machen... Karlsruher Frauen in der Nachkriegszeit 1945 – 1955 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Band 21), Karlsruhe 2000 (erschienen im Badenia-Verlag) ISBN: 3-7617-0325-2
Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Nachkriegszeit“
- Die offizielle Webpräsenz der Stadt Karlsruhe zum Thema „Rezension zu Karlsruherinnen in Politik und Gesellschaft der Nachkriegszeit“
- Die offizielle Webpräsenz der Stadt Karlsruhe zum Thema „Rezension zu Karlsruher Frauen in der Nachkriegszeit 1945–1955“