Mühlburger Brauerei

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Die ehemalige Seldeneck'sche Brauerei war eine Brauerei im Karlsruher Stadtteil Mühlburg.

Geschichte

Die Brauerei wurde 1770 von Prinz Wilhelm Ludwig von Baden (1732 - 1788), dem Bruder des späteren Großherzogs Karl Friedrich von Baden, gegründet und war damit bis zu ihrer Schließung die älteste Brauerei Karlsruhes. Zunächst war auf dem Gutshof in Mühlburg 1769 eine Krappfabrik errichtet worden. Ab etwa 1771 wurden auch Trinkbranntweine hergestellt. Grund für die Einrichtung einer Brauerei war vor allem der marode Zustand der damaligen Brauerei des markgräflichen Kammerguts Gottesaue, die bis dahin einziger Bierlieferant der Region gewesen war. 1774 pachtete Wilhelm Ludwig die Gottesauer Brauerei von seinem Bruder Karl Friedrich, um diese dann wenig später stillzulegen und damit die einzige Konkurrenz seiner neuen Brauerei in Mühlburg auszuschalten.

Wilhelm Ludwig von Baden war mit der Bürgerlichen Wilhelmine Christine Schortmann (1740 - 1804) verheiratet. Um diese in den Adelsstand zu erheben, wurde ihr der Name „Freiin von Seldeneck“ (nach einem erloschenen fränkischen Adelsgeschlecht) verliehen. Die neu erworbenen Mühlburger Besitzungen sorgten zugleich für einen standesgemäßen Herrschaftssitz. Aus dem so entstandenen "Seldeneck'schen Freigut" heraus bildete sich schließlich auch der Name „Seldeneck'sche Brauerei“. Nach dem Tod Wilhelm Ludwigs 1788 führte seine Witwe den Betrieb über viele Jahre erfolgreich weiter.

Die Brauerei blieb auch bis zum Schluss im Besitz der Familie von Seldeneck, die im angrenzenden Herrschaftshaus an der Hardtstraße residierte. Insbesondere ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Freigut und Brauerei zahlreichen baulichen Erweiterungen und Veränderungen unterzogen. 1863 wurde zur Hardtstraße hin ein Eiskeller angelegt. Ihre Blütezeit erlebte die Brauerei unter Wilhelm Rudolf Freiherr von Seldeneck (1849 - 1925), der 1889 das alte Sudhaus umbauen und nebenan zugleich ein neues Sudhaus im Stil eines gotischen Kathedralbaus errichten ließ. Auch auf dem Gebiet der Brauereitechnik übernahm die Seldenecksche Brauerei Mitte des 19. Jahrhunderts eine Vorreiterrolle. 1864 schaffte sie als erste badische Brauerei eine Dampfmaschine an. 1890 folgte der Einbau von Lindeschen Eismaschinen. Der Bierabsatz steigerte sich von 8500 hl im Jahre 1861 auf 41.100 hl im Jahre 1894.

1900 wurde das bis dahin immer noch als Freiherrliches Gut geführte Unternehmen in die Aktiengesellschaft Mühlburger Brauerei, vorm. Freiherrlich von Seldeneck'sche Brauerei umgewandelt. Hauptaktionäre waren Wilhelm Rudolf von Seldeneck und dessen Kinder. In den kommenden Jahren wurde vor allem die Branntweinherstellung weiter ausgebaut. Zu diesem Zweck erwarben die Seldenecks das Gut Möllhof bei Gengenbach.

1921 kaufte die Brauerei Sinner in Grünwinkel die Braurechte der Mühlburger Brauerei AG auf und ließ ein Brauverbot auf dem gesamten Areal eintragen. Eine Konservenfabrik übernahm die Produktionsstätten. Die Seldenecks betrieben unterdessen auf Gut Möllhof die Herstellung von Edelbranntweinen unter dem Namen "Freiherrlich von Seldeneck'sche Kellerei" weiter. Wilhelm Rudolfs Sohn Hans Wilhelm Freiherr von Seldeneck (1878 - 1934) erwarb 1925 in Gengenbach eine Weingroßhandlung mitsamt Obst-Verschlussbrennerei. Das Geschäft wurde nach Hans von Seldenecks Tod zunächst von dessen Witwe und später von dessen Neffen Herbert Jay von Seldeneck weitergeführt und in eine GmbH umgewandelt.

An die Seldeneck'sche Branntweinherstellung erinnert noch heute die von der Destillerie Kammer-Kirsch vertriebene Obstbranntmarke „Freiherr von Seldeneck“.

Nachnutzung

Heute gehört ein Teil des ehemaligen Brauereigeländes in Mühlburg mit zahlreichen erhaltenen Gebäuden - darunter dem alten Herrschaftshaus - zu der aus Oppenau stammenden Obstbrand-Destillerie Kammer-Kirsch, die hier zunächst eine Zweigniederlassung gründete und später hier auch ihren Sitz nahm. Der größte Teil des Geländes, auf dem sich auch die ehemaligen Sudhäuser befinden, werden seit 1984 vom Kulturzentrum Tempel genutzt.

Der Bau II des Gebäudes gehört seit 2007 einem privaten Besitzer und wird seit 2010 auch vom Kulturverein Bau2 e.V. und vom Bürgerzentrum Mühlburg e.V. genutzt.

Bilder

Standort

Letzte Adresse (1920)
Mühlburger Brauerei AG
Karlsruhe-Mühlburg
Hardtstraße 35

Quellen

  • Heinz Schmitt, Ernst Otto Bräunche (Hrsg): Hopfen und Malz – Die Geschichte des Brauwesens in Karlsruhe. Karlsruhe 1998, Band 19 der Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Badenia Verlag, ISBN: 3-7617-0323-6
  • Wegweiser für die Großherzogliche Residenzstadt Karlsruhe, heute „Adressbuch der Stadt Karlsruhe“, Ausgaben ab 1818, Verlag G. Braun – verfügbar im Lesesaal der Badischen Landesbibliothek
  • Historisches Brauereiverzeichnis Deutschland. Herausgeber: IBV – Internationaler Brauereikultur-Verband e.V., Ausgabe 2005.
  • Brauwesen-Historisch – Das große historische Brauereiverzeichnis : www.brauwesen-historisch.de/Uebersicht.html
  • Hopfen und Malz – Die Geschichte des Brauwesens in Karlsruhe. Herausgeber: Heinz Schmitt und Ernst Otto Bräunche. Band 19 der Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs, Badenia Verlag, 1998, ISBN: 3-7617-0323-6
  • Mühlburg – Streifzüge durch die Ortsgeschichte. Stadtarchiv Karlsruhe (Hrsg.), Info Verlag Karlsruhe, 1998, ISBN: 3-88190-227-9

Weblinks