Wallfahrt und Eremitage Waghäusel
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Die Wallfahrtskirche, das Kloster und das Schloss Eremitage liegen in Waghäusel, im Nordwesten des Landkreises Karlsruhe.
Lage
Die Wallfahrtskirche und das Kloster befinden sich im Stadtteil Waghäusel, in der Nähe der L 555.
In etwa 500 m Entfernung liegt das Schloss Eremitage und das Freiheitsdenkmal. Im Jahr 2008 dominieren aber noch die Gebäude der 1995 stillgelegten Zuckerfabrik diesen Teil des Ortes.
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Geschichte
1435 bis 1802
Die Geschichte des Ortes Waghäusels beginnt im Jahr 1435 mit dem Fund der Marienfigur. Zu dieser Zeit gehörte diese Region der Lußhardt zum Hochstift Speyer und wurde vom Amt Kislau aus verwaltet.
Die Legende zum Fund lautet: Ein Schafhirte findet beim Hüten von Schafen zufällig in dem hohlen Stamm einer Eiche eine steinerne Marienstatue mit einem Kind auf dem Arm. Er nimmt die Statue mit nach Hause, aber am nächsten Tag ist sie wieder in dem hohlen Eichenbaum. Da es ihm nicht gelingt die Statue in seinem Haus zu behalten, baut er dann am Fundort einen Bildstock für die heute noch erhaltene Marienfigur.
Die Marienstatue wurde später „Unsere Liebe Frau von Lußhardt” genannt und es wurden ihr „wunderbare Kräfte” zugeordnet. Im Laufe der Zeit änderte sich der Name der Marienstatue in „Mutter mit dem gütigen Herzen”.
Da immer mehr Menschen aus der Umgebung zu der Statue kamen, dort beteten und später von der dort erhaltenen Hilfe sprachen, wurde der Bildstock bekannter. Eine erste einfache Kapelle ist von den Menschen aus den naheliegenden Dörfern wie Kirrlach und Wiesental errichtet worden.
1473 ließ der Bischof, Matthias von Rammung, von Speyer eine festere Kapelle bauen. Zusätzlich wurde dort, wo der Lußhardt die Landstraße nach Heidelberg berührte und in der Nähe des Wagbaches, ein kleines „Häusel” gebaut. Hier soll dann ein Eremit gelebt haben, der die, inzwischen zum Heiligtum gewordene, Marienfigur bewachte und den Strom der Gläubigen leitete.
Seit 1476 wurden das Opfergeld und die gespendeten Gaben an den Pfarrer und den Zollaufseher von Udenheim (ab 1624 dann Philippsburg) abgeliefert. 1487 wurde dann von diesen Geldern eine Pfründe (Priesterstelle) eingerichtet. Der Priester hatte seinen Wohnsitz im benachtbarten Oberhausen.
Im Laufe der Jahre wurde die Kapelle und die Nebengebäude erweitert. Der Ort hatte sich zur wichtigsten Wallfahrtsstätte im Bistum entwickelt.
1616 kamen die ersten Pater des Kapuzinerordens zum Bischof nach Udenheim. Sie suchten einen Ort für eine Niederlassung und fanden ihn in dem Haus bei der Wallfahrtsstätte. In den folgenden Jahren des Dreißigjährigen Krieges wurden sie mehrfach von hier vertrieben. Sie nahmen die Marienstatue bei ihrer Flucht immer mit und schützten sie dadurch.
1638 kehrten die Kapuziner zurück und die Planungen für ein Kloster, anschließend an den Chor der Wallfahrtskirche im Osten, begannen.
1639 wurde der Grundstein gelegt und 1641 das Kloster eingeweiht. In den folgenden Jahren wurde immer wieder mal angebaut, bis dann im Jahr 1683 das Kloster fast um das Doppelte erweitert wurde. Es wurden Räume für den Fürstbischof erstellt und auch die Kirche vergrößert.
Die Wallfahrtskirche wurde im 18. Jahrhundert immer wieder umgebaut, erweitert und der Innenraum neu gestaltet. Diese über die Jahrhunderte entstandene Kirche ist 1920 ausgebrannt. Erhalten blieb nur das gemauerte gotische Gewölbe der ersten Kapelle.
1719 wurde Damian Hugo von Schönborn zum Bischof gewählt. Wegen Streitereien mit Speyer konnte er seinen Sitz dort nicht in Besitz nehmen. Er verlegte deshalb seinen Wohnort nach Bruchsal. Von dort aus ordnete er den Bau des Schlosses Kislau und der Eremitage in der Nähe des Klosters und der Wallfahrtskirche an.
1723 begann der Bau der Eremitage mit der Anlage des Bauplatzes und der Gartenanlage. Spätere Pläne eines Ausbaus zu einem Ökonomiehof ähnlich Schloss Altenbürg scheiterten, nachdem das Gelände im Polnischen Erbfolgekrieg verwüstet worden war und die bereits errichteten Bauten zerstört waren.
1792, mit der Französichen Revolution, begannen dann wesentliche Veränderungen in der Region, die 1802 damit endeten, daß die Besitztümer des Hochstiftes Speyer, damit auch Wallfahrtskirche, Kloster und die Eremitage, an das Kurfürstentum Baden fielen.
1803 bis 1999
1837 kaufte die „Badische Gesellschaft für Zuckerfabrikation” die „Eremitage” und die Gartenanlage und baute dort eine Zuckerfabrik.
Am 21. Juni 1848 fand auf dem Gelände der Zuckerfabrik ein Gefecht zwischen der Badischen Revolutionsarmee und preußischen Soldaten statt.
1918 wurden durch ein Gesetz wieder Männerorden in Baden zugelassen. Auf Einladung des Freiburger Bischofs kamen dann Kapuzinermönche in das Kloster Waghäusel zurück, um dort wieder das Kloster und die Wallfahrtskirche zu übernehmen. Sie begannen mit Aufräum- und Bauarbeiten. Von der Zuckerfabrik wurden auf Bitten örtlicher Pfarrer Flächen für Bauten und Garten kostenlos zur Verfügung gestellt.
In der Nacht vom 14. auf den 15. November 1920 brannte die Wallfahrtskirche bis auf die Grundmauern nieder. Erhalten blieb nur das gemauerte gotische Gewölbe der ersten Kapelle und die darin stehende Marienskulptur.
In den folgenden Jahren wurden dann Kloster und Kirche wieder aufgebaut und auch die Wallfahrten wieder aufgenommen.
1997 verkaufte die Südzucker AG dann das gesamte Gelände der Zuckerfabrik, einschließlich der Eremitage, an die Stadt Waghäusel.
1999 beendeten die Kapuziner ihre Aktivitäten in Waghäusel und zum Ersten Advent 1999 (28. November 1999) übernahm der Orden der „Brüder vom gemeinsamen Leben” das Kloster und die Wallfahrtsseelsorge.
Seit 2000
Renovierung von Wallfahrtskirche und Kloster.
Wallfahrtskirche zur „Mutter mit dem gütigen Herzen”
Die erste Kirche wurde 1473 erbaut und in den folgenden Jahren immer wieder erweitert oder umgebaut.
Die Wirren des 30-jährigen Krieges (1618–1648) und die Kriege des 18. Jahrhunderts überstand die Kirche ohne größere Schäden.
1803 fiel durch den Reichsdeputationshauptschluss und der Säkularisierung der Besitz der Kirche an den badischen Staat. Alle wertvollen Besitztümer wurden versteigert und die Ausstattung der Kirche auf ein Minimum reduziert. Die Betreuung der Wallfahrer und Gläubige übernahm die Pfarrei Wiesental.
Erst 1920 kamen Mönche in das Kloster zurück und übernahmen dann auch wieder die Kirche. In der Nacht vom 14. auf den 15. November 1920 brannte dann die Wallfahrtskirche bis auf die Grundmauern nieder. Erhalten blieb nur das gemauerte gotische Gewölbe der ersten Kapelle und die darin stehende Marienskulptur. In den folgenden Jahren wurde die Kirche wieder aufgebaut.
Die letzte große Renovierung wurde im Jahr 2000 durchgeführt.
Die Kirche gehört zur Pfarrgemeinde St. Jodokus Wiesental in der Seelsorgeeinheit Waghäulsel.
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Kloster Waghäusel
Das Kloster gehört zum Orden der „Brüder vom gemeinsamen Leben”, eine Kongregation der Augustiner-Chorherren.
- Adresse
- Kloster Waghäusel
- Bischof-von-Rammung-Straße 2
- 68753 Waghäusel
- Telefon: (0 72 54) 92 88-0
- E-Mail: info(at)kloster-waghaeusel.de
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„Eremitage“ Waghäusel
Der Entschluss zum Bau der Eremitage wurde wahrscheinlich bereits um 1715 von Damian Hugo von Schönborn bei Besuchen in Rastatt bei der Markgräfin Sibylla Augusta gefasst. Dort entstanden auch unter der Leitung des Architekten Michael Ludwig Rohrer (1683-1732) die ersten Pläne der Anlage. Die Wahl des Platzes wurde durch die Wallfahrtskirche und dem Kloster vorgegeben. Außerdem sollte auch der Wunsch nach einem Jagdschloss und weiteren ökonomischen Belangen berücksichtigt werden.
Ab 1723 stand der Architekt dann zur Verfügung und der Bau der ersten barocken Schlossanlage erfolgte zwischen 1724 und 1729. Gleichzeitig wurde auch ein Ökonomiehof und der Garten angelegt. Ab etwa 1737 erweiterte der bekannte Barockbaumeister Johann Balthasar Neumann (1687-1753) den achteckigen Zentralbau um vier Flügel.
Unter den folgenden Fürstbischöfen wurde die gesamte Anlage immer wieder durch Um- und Anbauten verändert.
1803 fiel durch den Reichsdeputationshauptschluss der Besitz der Anlage an den badischen Staat. Der letzte Speyrer Fürstbischof Wilderich von Walderdorf behielt bis zu seinem Tode 1810 ein Wohnrecht in der Eremitage. Nach seinem Tode stand die Anlage zur Disposition. Selbst ein Abriss wurde damals überlegt.
1837 erwarb die „Badische Gesellschaft für Zuckerfabrikation“ das Gelände mit den Bauten der „Eremitage“ und dem Ökonomiehof.
Auch wenn die Fabrik recht unbekümmert mit den historischen Bauten umging und die baulichen Relikte feudaler Zeit eher aus ökonomischen als aus kulturhistorischen Gründen pflegte, lässt sich sagen, dass gerade deshalb die Bausubstanz des 18. und frühen 19. Jahrhunderts weitgehend erhalten geblieben ist.
1920 wurde der letzte große Umbau an den Hauptgebäuden durchgeführt. 1970 wurde das nordwestliche Kavaliershaus abgerissen, weil es dem Bau eines Melassetanks weichen musste.
Am 14. Januar 1946 brannte bei einem von amerikanischen Soldaten im Gebäude gelegten und außer Kontrolle geratenen Feuer der Dachstuhl komplett ab und stürzte ein. Dabei wurde ein Deckenfresko von Giovanni Francesco Machini aus dem Jahr 1736 unwiederbringlich zerstört.
1995 wurde die Zuckerproduktion in Waghäusel eingestellt. 1997 verkaufte die Südzucker AG dann das gesamte Gelände der Zuckerfabrik, einschließlich der Eremitage, für eine symbolische Deutsche Mark an die Stadt Waghäusel. Die denkmalgeschützte Eremitage (Schloss und Kavaliershäuser) wurden außen aufwendig renoviert. Bilder von 2009.
Die Gebäude sind bei regulären Öffnungszeiten zu besichtigen. Auch ein Trauzimmer gibt es mittlerweile. Im ehemaligen Küchenbau befindet sich der „Humorpark“ mit einem Café.
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Freiheitsdenkmal
Östlich der „Eremitage” liegt das Denkmal für die Freiheitskämpfer von 1849. Es wurde vom Speyerer Bildhauer Franz-Werner Müller-Steinfurth geschaffen und überwiegend durch Bürgerspenden finanziert.
Am 21. Juni 1849 verschanzten sich 5.000 preußische Soldaten auf dem Gelände der Zuckerfabrik und der Wallfahrtskirche. Sie wurden von 15.000 Soldaten der Badischen Revolutionstruppen angegriffen und in die Flucht geschlagen.
Zur Erinnerung an diese Schlacht und an die gescheiterte Revolution wurde das Denkmal 150 Jahre später, am 21. Juni 1999, mit einem Fest eingeweiht.
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Literatur
- Barbara Guttmann: „Stadt Waghäusel. Die Geschichte von Kirrlach, Wiesental und Waghäusel“. Verlag Braun, 1994. ISBN: 3-7650-8130-2
- „Die Eremitage Waghäusel, Jagdschloß, Zuckersilos und ausgestopfte Löwen, Denkmalstiftung Baden-Württemberg”. Uta Hassler. Stuttgart (Denkmalstiftung Baden-Württemberg) 1994
- Kapitel: „Waghäusel: Quo vadis, Eremitage?“ (= Seite 50 ff.) in: Manfred Frust, Silvia Huth: Schlösser am Oberrhein. Tübingen 2008. ISBN: 978-3-87407-793-4.
Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Marienwallfahrtskirche (Waghäusel)“
- Monumente im Bild - Eremitage in Waghäusel
- Monumente im Bild - Wallfahrtskirche und Kloster in Waghäusel