Reinhold Glatz
Reinhold Glatz (* 15. Mai 1918 in Reichenbach bei Lahr/Schwarzwald; † 18. Februar 1998 in Karlsruhe) war Bauingenieur und Hochschullehrer. Von 1968 bis 1980 war er Rektor der Staatlichen Ingenieurschule Karlsruhe sowie deren Nachfolger Fachhochschule Karlsruhe.
Leben
Reinhold Glatz, einer von vier Söhnen eines Bauunternehmers, studierte nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Lahr/Schwarzwald und einer Lehre zum Betonbauer im väterlichen Betrieb von 1938 bis 1940 Bauingenieurwesen am Staatstechnikum Karlsruhe. Daran schloss sich, unterbrochen vom Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg als Pionier, ein siebensemestriges Bauingenieurstudium an der Technischen Hochschule (TH) Karlsruhe an.
Seit 1946 lehrte Glatz als Dozent am Staatstechnikum, wo er dessen Neuaufbau und die Weiterentwicklung des Studiengangs Bauingenieurwesen maßgeblich vorantrieb. Im September 1946 wurde er von der Spruchkammer Karlsruhe wegen seiner von April bis Juni 1938 bestehenden NSDAP-Anwartschaft als Mitläufer eingestuft. Im Rahmen der Weihnachtsamnestie vom 5. Februar 1947 wurde dieser Bescheid aufgehoben. 1950 wurde Glatz zum Baurat und 1956 zum Professor ernannt. 1958 wurde er zum Doktor der Ingenieurwissenschaften promoviert und 1961 zum Oberbaurat ernannt.
1949 gehörte Glatz zu den Gründungsmitgliedern des Verbands der Dozenten an den Staatlichen Ingenieurschulen in Baden-Württemberg, dessen Landesvorsitzender (1960–1968) und Ehrenmitglied (seit 1970) er war. 1950 gründete Glatz den Architekten- und Ingenieurverein Mittelbaden, dessen Vorsitz er ebenfalls zeitweise übernahm.
Parallel zu seiner Lehrtätigkeit betrieb Glatz ein Ingenieurbüro, später Prüfingenieurbüro für Baustatik. Als vereidigter Sachverständiger (ab 1952) für Baustatik, Stahlbeton und Ingenieurholzbau und als anerkannter Prüfingenieur für Baustatik (ab 1956) prüfte er die Statik zahlreicher Häuser auch in Karlsruhe. Dazu zählten seit den 1960er-Jahren auch Hochhäuser, bei denen die Statiker oftmals Neuland betraten. In Karlsruhe waren das die Hochhäuser am Schmiederplatz, an der Königsberger Straße in der Waldstadt, an der Ecke Kaiserallee und Uhlandstraße, der Bau der Landesversicherungsanstalt (LVA) an der Gartenstraße und das Versicherungsgebäude Amalienstraße 81–87. Zu seinen bedeutendsten Prüfarbeiten gehörten die Fernsehtürme Donnersberg und Hornisgrinde.
Am 1. Juni 1968 wurde Reinhold Glatz Direktor der Staatlichen Ingenieurschule Karlsruhe, von 1972 bis 1980 ihr Rektor. In seine Amtszeit fiel der Umbau der Bildungsanstalt von einer Landeseinrichtung zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Als Rektor intensivierte Glatz die Zusammenarbeit der Fachhochschule mit europäischen Hochschulen. Hierfür wurde er von der Trent-Polytechnic in Nottingham zum Honorary-Fellow ernannt und von der Universität Besançon mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet. 1980 trat Glatz in den Ruhestand.
Als überzeugter Europäer setzte sich Glatz früh für den Aufbau der deutsch-französischen Freundschaft und der Städtepartnerschaft Karlsruhe-Nancy ein. In Karlsruhe wurde er 1954 Gründungsvorsitzender des Kreisverbandes Karlsruhe der Europa-Union Deutschland, ein Ehrenamt, das er – mit einer Unterbrechung 1973–1977 – bis 1985 innehatte. Darüber hinaus amtierte Glatz 1986 als Président d’Honneur des Komitees zur Förderung des Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrags Paris und als Vice Président der Vereinigung für grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Straßburg. Seine Aktivitäten auf dem Gebiet der Völkerverständigung wurden 1971 mit der Europa-Medaille, 1978 mit dem Bundesverdienstkreuz und der Verdienstmedaille der Universität Karlsruhe sowie 1981 mit der Ernennung zum Ehrenkurator der Fachhochschule Karlsruhe gewürdigt.
Werke (Auswahl)
- Einführung in den Stahlbetonbau: Ein Lehrbuch zum Gebrauch an Höheren Technischen Lehranstalten und für die Praxis, Karlsruhe 1949
- Allgemeines Iterationsverfahren für verschiebliche Rahmentragwerke mit beliebigen Stabneigungen (Dissertation), Karlsruhe 1958
- 100 Jahre Fachhochschule Karlsruhe, in: Ingenieurblatt für Baden-Württemberg 24 (1978), Seiten 173–177
Quellen
- Konstanze Ertel: Reinhold Glatz: Bauingenieur, Rektor, Europäer, in: Spuren in der Stadt: Beiträge der Fachhochschule Karlsruhe – Hochschule für Technik zur Karlsruher Stadtentwicklung 1878–2003, herausgegeben von Susanne Richter; Karlsruhe 2003, ISBN: 3-935893-03-5, Seiten 139–143
- Konstanze Ertel: Reinhold Glatz, in: Blick in die Geschichte. Karlsruher stadthistorische Beiträge 2003–2008, herausgegeben von Manfred Koch; Karlsruhe 2009, Seite 244 f.
Weblinks
- Veröffentlichungen von Reinhold Glatz in der Landesbibliographie Baden-Württemberg
- Literatur über Reinhold Glatz in der Landesbibliographie Baden-Württemberg
Vorgänger Prof. Dr.-Ing. habil. Walther Huber |
Rektor der HS Karlsruhe 1968 – 1980 |
Nachfolger Prof. Dipl.-Ing. Hans-Dieter Müller |