Tabakanbau in Staffort

Aus dem Stadtwiki Karlsruhe:

Tabakfeld Juli 2010 in Staffort
Tabakblätter die für schonenden Transport mit einem breiten Tabakgurt zusammengebunden wurden
Tabaktrockenschuppen (Tabakschopf) in Staffort

Tabakanbau war in Staffort für nahezu 100 Jahre die wichtigste Einnahmequelle der Landwirtschaft.

Geschichte

Auf die Hardt gelangten die ersten Tabakpflanzen im Jahr 1699. In diesem Jahr wurde Friedrichstal von den Hugenotten gegründet, die als Religionsflüchtlinge aus Nordfrankreich in der Markgrafschaft aufgenommen worden waren. Der in die neue Heimat mitgebrachte Tabaksamen und die Anbauerfahrung mit Tabak wurde bald zur Basis eines bescheidenen Wohlstandes des Dorfes und der umliegenden Hardtgemeinden. Die mitgebrachte Tabaksorte wurde fortan "Friedrichstaler" genannt und hielt sich in der Region bis in die 1950er Jahre.

Obwohl viele Kirchenvertreter gegen das höllische Kraut wetterten, wurde der Tabak in Deutschland zum unentbehrlichen Genussmittel und wirtschaftlich sehr interessant für viele landwirtschaftliche Kleinbetriebe in Baden. So erreichte die Pflanze auch Interesse in Staffort, wo um das Jahr 1870 erstmals bedeutende Anbauflächen nachgewiesen sind. Neben der Milchwirtschaft konzentrierten sich viele Kleinlandwirte fortan auf den Tabakbau. Der bis dahin verbreitete Flachs- und Hanfanbau wurde reduziert und schließlich ganz eingestellt, da die Einkommen aus dem Tabakanbau erheblich höher waren.

Um Devisen für Tabakerzeugnisse zu sparen, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts die heimische Tabakproduktion durch gesetzliche Maßnahmen gefördert. Die hohen heimischen Erzeugerpreise führten zur Produktionsausdehnung und hohem Beschäftigungsgrad in den Anbaugebieten. Ab 1920 kam es zu einer erheblich Anbauausdehnung in der Hardtregion mit Neubau von Tabaktrockenschuppen und Gründung von Fermentationsbetrieben zur Weiterverarbeitung des luftgetrockneten Tabaks. In Staffort entstanden damals die Rohtabakverarbeitungsbetriebe Hauck und Hecht.

Die dunkle Tabaksorte Friedrichstaler wurde nahezu von jedem Besitzer landwirtschaftlicher Fläche angebaut, machte 1950 mit 53 Hektar über 20 % der Ackerfläche aus und diente der Herstellung von Zigarren und Stumpen. Im Jahr 1958 wurden in Staffort von 215 Anbauern noch immerhin 43 Hektar Tabak kultiviert, die zu einer Gesamteinnahme von rund 750.000 DM führte. Tabak war die wichtigste Einnahmequelle für die Landwirte für viele Jahrzehnte.

Mit dem Ausbruch der Blauschimmelkrankheit des Tabaks (Peronospera Tabacini) veränderte sich die Situation dramatisch: Durch Qualitätseinbußen konnten im Jahr 1959 auf derselben Anbaufläche nur noch 560.000 DM erzielt werden. Nachdem den Bauern im Jahr zuvor durch den gefürchteten Blauschimmel zusätzlicher Aufwand entstand, sanken die Einnahmen noch weiter ab. Bei einer Anbaufläche von 45 Hektar gingen diese im Jahr 1960 auf 230.000 DM zurück. Im Jahr 1960 kam es dann zum Umstieg auf die besser bezahlte helle Sorte Burley, die als Zigarettentabak Verwendung fand. Aber auch dies konnte weder die Einnahmen verbessern noch den Ausstieg aus dem Tabakanbau in Staffort und den umliegenden Gemeinden verhindern. Die Anzahl der Tabakanbauer sank von 215 (1958) auf 149 (1960). Die Landwirte wandten sich vermehrt dem Anbau von Frühkartoffeln, Gurken, Erdbeeren und Arzneipflanzen zu. Die Anbaufläche sank weiter bis im Jahr 1994 in Staffort letztmals Tabak angebaut wurde. Die Tabaktrockenschuppen stehen seit dieser Zeit weitgehend ungenutzt leer. Auch in den Nachbarorten Friedrichstal (2005) und Büchenau (2009) endete der Tabakanbau. Die ehemalige Bundesanstalt für Tabakforschung Forchheim wurde geschlossen. Die Tätigkeit der Saatgutversorgung für die verbliebenen Tabakanbauer wurde von der Firma Nicota übernommen.

Im Jubiläumsjahr (900 Jahre Staffort) hat man sich der historischen Bedeutung des Tabakanbaus erinnert und bot den Besuchern sowohl ein Schaufeld, als auch Demonstrationen der wichtigsten Arbeiten der ehemals für das Dorf so wichtigen Einnahmequelle Tabak an.

Der nachfolgende Spruch während der Feierlichkeiten zur ersten Erwähnung des Dorfes vor 900 Jahren zeigt ebenfalls auf die Bedeutung von Tabak hin:

„Stafforts Brauch: Tabak, Topi, Holzschuhlauf.“

Literatur

  • Arnold Hauck: Duwaggbreche in Stutensee (= Band 2 der Stutensee-Hefte), herausgegeben von der Stadt Stutensee, Karlsruhe 2003.
  • Hanna Heidt: Erinnerungen an die Vergangenheit, Schwanen Stutensee-Staffort 2003.
  • Manfred G. Raupp: Die Entwicklung des Tabakanbaus in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung in der Gemeinde Staffort, Ingenieurschule Nürtingen 1962.
  • derselbe: Tabakanbau in Staffort, Stutensee & Europa, Gedenken an Arnold Hauck (1928-2020) & zur Geschichte des Tabakanbaus in Stutensee, Stutensee 2020 ISBN: 978-3-945046-19-7

Weblinks