Grötzinger Kirche
Die Grötzinger Kirche ist eine evangelische Kirche in Karlsruhe-Grötzingen.
Die Kirche ist seit 1556 – direkt nach dem Augsburger Religionsfrieden – lutherisch und in der Folge evangelisch.
In der Nähe der Kirche befand sich der 1924 geschlossene frühere Friedhof, bevor der heutige Friedhof Grötzingen errichtet wurde. Die Grabsteine an der Kirche sind die letzten Zeugnisse davon; auf der Fläche wurde die Grund- und Hauptschule Grötzingen errichtet.
Gemeinde
Die Kirche wird von der Kirchengemeinde Grötzingen, die zum Evangelischen Kirchenbezirk Karlsruhe und Durlach gehört, genutzt.
Ausstattung
Bedingt durch die Tatsache, dass die Kirche lange Zeit lutherisch war, konzentriert sich der Kirchenschmuck auf den Chorraum. Neben Bemalungen aus der Zeit um 1500 und einem gleichaltrigen Kruzifix stechen die Glasmalereien hervor, die auf Betreiben des damaligen Pfarrers Theodor Camerer zwischen 1891 und 1896 angefertigt wurden. Das erste zeigt Jesu Auferstehung und wurde von der Karlsruher Firma Drinneberg gefertigt. Da die Gemeinde mit der Ausführung nicht zufrieden war, wurde nach einiger Verhandlung über die zu erstellenden Motive, die Freiburger Firma Helmle & Merzweiler beauftragt, weitere Stationen im Leben Jesu zu gestalten. Den Auftraggebern war dabei wichtig, eine Harmonie zum spätmittelalterlichen Kruzifix zu erzielen. Gestiftet wurden die Fenster von der Industriellenwitwe Josephine Frank.
Im Langhaus befindet sich je ein Gemälde von Martin Luther und einer Lutherrose, beide nach einer Stiftung aus der Schweiz im Jahr 1922 geschaffen von August Rumm.
Neueren Datums sind die Werke von Horst Leyendecker. Er schuf auf der Empore zwei Reproduktionen von Fresken, deren mittelalterliche Originale, unter ihnen eine Christophorus-Darstellung, sich unter dem Dach des gotischen Chores befinden. Diese aus dem 14. Jahrhundert stammenden Fresken sind die ältesten existierenden ihrer Art im Raum Karlsruhe.
Der Altar trägt den Namen „Das verlorene Paradies“ und stammt vom Maler Helmut Lingg, der die Einzelbilder Anfang der 1980er Jahre schuf und der Kirche vermachte. Die Motive drehen sich gleichermaßen um biblische Themen wie um das Thema Umweltschutz. Bewusst wurde der Taufstein vor diesen Altar gestellt.
Der alte Taufstein befindet sich unter dem Turmeingang zur Kirche, und wird gelegentlich bei Freilufttaufen genutzt.
Baugeschichte
Da auf dem angrenzenden Friedhof Gräber aus der Merowingerzeit gefunden wurden, wird vermutet dass es zu dieser Zeit bereits einen Kirchbau gegeben hat. Belegbare Bautätigkeiten gibt es ab dem 12. Jahrhundert.
Ältester erhaltener Teil der früher existierenden Chorturmkirche ist die Rückwand jenes Turms, der heute als Triumphbogen besteht. Auch sind über dem Dach noch die Eckquader des Turms erhalten. An diesen Turm hatte sich ein kleines Langhaus angeschlossen. In die Zeit dieser Gebäudereste fällt auch die älteste bekannte urkundliche Erwähnung der Kirche, die aus dem Jahr 1255 stammt.
Zwischen 1410 und 1414 gab es umfangreiche Bautätigkeiten: Im Osten wurde ein Chor an den Turm angebaut, das Langhaus wurde zu beiden Seiten erweitert, und am südlichen Chorturm entstand eine Sakristei, von der heute noch kleine Reste erhalten sind. Das erhaltene Gewölbe am Chorturm zeigt das Wappen Markgrafs Markgraf Bernhard I. von Baden und ein Kreuzwappen. Dessen Bedeutung ist nicht eindeutig. Einerseits könnte es auf das benachbarte Fürstbistum Speyer deuten, andererseits auf das Kloster Gottesaue. Ebenso könnte es auf das Patrozinium ad sanctam crucem hinweisen.
Um 1500 wurde erneut gebaut: Das Langhaus erhielt seine, im Wesentlichen bis heute bestehende Kastenform, ohne Gewölbe. Vor das Langhaus wurde ein neuer Turm gesetzt, ohne den alten Turm im Innern seiner Funktion zu berauben. Die Jahreszahl 1497 ist an einem Turmportal angebracht, ebenso das Wappen von Markgraf Christoph I.
Aus dieser Zeit stammt auch eine heute nur noch schlecht erhaltene Bemalung des Zyklus von den törichten und den klugen Jungfrauen sowie ein Kruzifix, das bis 1955 unverändert an der selben Stelle blieb. Der Zyklus war später übermalt worden und wurde 1976 von Horst Leyendecker wiederentdeckt worden.
Eine eigene Orgel ist ab 1662 belegt. Spätestens mit diesem Datum kann auch davon ausgegangen werden, dass die Kirche eine Empore hatte, die später mehrfach erweitert wurde.
Vermutlich aufgrund einer kriegsbedingten Beschädigung erhielt die Kirche im Jahr 1667 ein neues Dach durch Zimmermann Friedrich Mattern. Hierfür schuf er sechs Holzsäulen, welche in dieser Form in Deutschland einzigartig sind. Eine ähnliche Konstruktion aus dem Jahr 1684 findet sich in Meiringen / Kanton Bern.
Um Platz zu schaffen für die dringend notwendige Erweiterung des Kirchraums, wurde 1849 der alte Chorturm entfernt
Sanierungsarbeiten 2009/10
Im Juni 2009 begannen Sanierungsarbeiten an der Kirche, bei denen die Außenfassade erneuert wurde. Dabei wurde auf 14 Metern Höhe ein Grabstein des Durlacher Kammerrats und Skribenten beim Kirchenrat Johann Georg Grundler gefunden. Hintergrund ist, dass der Kirchturm unten viereckig und darüber achteckig ist. Dadurch entstehen vier vorstehende Ecken, die besonderen Schutz vor Regen brauchen. Im 19. Jahrhundert entschied man sich daher, ausgemusterte Grabplatten zu verwenden, die zur Gewichtsverringerung gespalten wurden. Zudem wurden zwei Ecken abgemeißelt – fertig war die Abdeckung. Inzwischen befindet sich der Grabstein zum Schutz vor weiterer Verwitterung im Pfarrhaus.
Am 19. Mai 2010 wurde der neu mit Blattgold überzogene alte Wetterhahn von der, wegen der Renovierungsarbeiten mit einem Gerüst versehenen, Kirchturmspitze entwendet. Mitte Juni 2010 wurde ein neuer Wetterhahn installiert, der alte Wetterhahn wurde im September 2011 von einem Gemeindearbeiter auf Berghausener Gemarkung in einem abgedeckten Erdloch gefunden. 2012 wurde der wiedergefundene Wetterhahn an das Pfinzgaumuseum in Durlach übergeben, das schon den bei einer Renovierung im Jahr 1924 entfernten Wetterhahn aus dem Jahr 1832 beherbergt.
Im Juli 2010 wurde der Abschluss der 350.000 Euro teuren Arbeiten gefeiert.
Bilder
Kirchstraße in Grötzingen mit Schloss Augustenburg und Grötzinger Kirche
Gedenktafel für die Gefallenen des Krieges 1870/’71
Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs 1914–1918
Grabtafel des Johann Nikolaus Nidda
Adresse
- Kirchstraße 15
- 76229 Karlsruhe
Dieser Ort im Stadtplan:
- OpenStreetMap-Karte (49°0'11.92" N 8°29'53.92" O)
- Karlsruher Onlinestadtplan
- Yellowmap-Stadtwikiplan
Weblinks
- Offizielle Webpräsenz „Evangelische Kirchengemeinde Grötzingen“
- Die Geschichte der Grötzinger Kirche (.pdf), von Wilhelm Mössinger