Bonifatiuskirche
Dieser Artikel behandelt die Karlsruher Kirche, für die in Schöllbronn siehe St. Bonifatius (Schöllbronn).
Die Bonifatiuskirche ist eine römisch-katholische Kirche in der Karlsruher Weststadt (Sophienstraße/Ecke Schillerstraße), die zur Pfarrei St. Bonifatius gehört.
Beschreibung
Eine Besonderheit der Kirche ist es, dass der Heilige Bonifatius vor der Kirche steht, auf einem Sockel. Dies liegt daran, dass das „Bonifatius Werk“ erhebliche finanzielle Mittel in das Kirchengebäude gesteckt hatte, weil Karlsruhe aus katholischer Sicht eher eine Diaspora war. Daher gab es noch vor dem Bau eine Skulptur.
Der Aufbau einer romanischen Basilika im gebundenen System ist das Vorbild. Über einen Grundriss in Form eines lateinischen Kreuzes kommen auf ein Joch des kuppelgewölbten Mittelschiffes je zwei kreuzgratgewölbe Joche in den Seitenschiffen. Auch die Chorapsis ist wie bei einer Basilika angelegt. Wie bei der Herz-Jesu in Ettlingen verzichtete der Architekt auf einen Vierungsturm. Dagegen wurde die Hauptfassade mit einem wuchtigem Mittelturm betont. Diese Fassade erinnert an Westwerke rheinischer romanischer Basiliken. Die Quellen für die einzelnen Bauelemente sind im einzelnen schwer festzulegen. M. Bringmann nannte den Speyerer Dom (Portale, umlaufende Zwerggalerie), in Limburg St. Georg (Rosenfenster im Querschiff) und in Bonn St. Elisabeth (Turmgliederung).
Der Innenraum ist durch den Stützenwechsel geprägt. Die Mittelschiffarkaden werden abwechselnd von Pfeilern und Zwillingssäulen getragen. Den Pfeilern ist zum Mittelschiff und zu den Seitenschiffen je ein halbkreisförmiger Dienst vorgelagert, der mit seinem Kapitell die Gewölbelast zu übernehmen hat. Die Gewölbejoche des Mittelschiffes sind durch Gurtbögen begrenzt. In den Seitenschiffen und den darüberliegenden Emporengeschossen ruhen die Kreuzgratgewölbe auch auf Diensten und an den Außenwänden auf Pilastern. Über einem Schachbrettgesims öffnen sich die Emporen in jedem Mittelschiffjoch mit je zwei Rundbogentriforien. Die Bögen werden von Zwergsäulchen mit ornamentierten Kapitellen getragen. Auch im Langchor und der Hauptapsis wird die Empore weitergeführt. Anstelle der Triforien sehen wir hier aber Biforien.
Auch außen wird die Einwölbung der dreischiffigen Basilika wirksam: Die Gewölbelast wird von abgetreppten Strebpfeilern aufgenommen. Mit Rücksicht auf die Schildbögen der Gewölbe mußten je zwei Rundbogenfenster zusammengedrückt werden. Am Chorumgang werden die zusammengedrückten Fenster durch die Strebepfeiler getrennt, da man nicht von der Achse der Strebepfeiler am Obergaden des Chores abweichen wollte. Die Zwerggalerie umzieht den Chorumgang und setzt sich, ununterbrochen durch die Querhausflügel, an den Seitenschiffen fort. Das Hauptgesims des Obergadens trägt einen Rundbogenfries mit einem Zahnschnitt darüber, das in der romanischen Baukunst sogenannte Deutsche Band. Der Rundbogenfries wird durch den Mittelturm über dem Haupteingang unterbrochen. Abgetreppt kehrt dieses Motiv in den Querhausgiebeln wieder.
Der straßenseitliche Giebel am Querhaus der Eingangsseite ist besonders reich durch eine steingebogene Säulenstellung, die die Rundbögen tragen, hervorgehend. Die mit Rundbogenblenden und reichen Bauornamenten geschmückte Seitenapsis birgt die Taufkapelle. Die vier großen Wimperge des Zeltdaches wirken durch die vorgestellten gestaffelten Säulchen wie von einem feinen Filigranmuster überzogen. Ein Dachreiter mit Rundbogenöffnungen und achtseitigem Zeltdach steht über dem Schnittpunkt der Firste der Satteldächer.
Die in der Kirche angebrachten Kreuzwegstationen stammen von Josef Dettlinger.
Geschichte
Der Baugrund wurde bereits 1896 erworben. Aufgrund des gleichzeitigen Baus der Bernharduskirche verzögerte sich der Baubeginn und es wurde eine Notkirche erstellt, bis 1905 die eigentlichen Bauarbeiten beginnen konnten.
Der bekannte Kirchenbaumeister Johannes Schroth, Leiter des Erzbischöflichen Bauamtes Karlsruhe, entwarf die neuromanische Kirche in historisierendem Stil mit vereinzelten Jugendstil-Elementen. H. Illig und F. Schludecker waren die bauleitenden Architekten. Grundsteinlegung war an Pfingsten 1906, die Weihe am 18. Oktober 1908.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche mehrfach beschädigt. Besonders das Kircheninnere war unbrauchbar geworden, so dass erst Ende 1946 provisorisch der Betrieb wieder aufgenommen werden konnte. Vorläufig war der Wiederaufbau 1950 beendet, 1963 wurden noch neue Rosettenfenster nach einem Entwurf von Franz Diewald eingebracht.
Ab 1978 wurde erneut gebaut: Zum einen um den Anforderungen des II. Vatikanischen Konzils gerecht zu werden, zum anderen, um die künstlerische Gestalltung zu vollenden. Da die Vorkriegsbemalung an Vierung und Gewölbe nicht rekonstruiert werden konnte, wurde diese von Peter Valentin Feuerstein neu entworfen. Gelb wurde jetzt der beherrschende Farbton. Frido Lehr fertigte einen neuen Altar.
Der Orkan Lothar brachte 1999 das auf dem Kirchturm angebrachte Turmkreuz zum Absturz, es wurde bis zu der umfassenden Sanierung von 2011 bis 2013 in der Krypta gelagert. Zusätzlich zeigte sich an verschiedenen Stellen der Kirche Sanierungsbedarf. So war die Westseite von Wetterschäden in Mitleidenschaft gezogen worden, das Dach, Dachrinnen, die Fassade, die Schallläden, die Uhr bedurften Ausbesserungs und Instandhaltungsmaßnahmen. Bis zum Beginn der Sanierung musste die Kirchengemeinde jährlich 10.000 Euro für Instandhaltungsmaßnahmen ausgeben.
Sanierung 2011 bis 2013
Ab April 2011 wurde die Kirche saniert und umgebaut, die Gottesdienste konnten aber weiterhin abgehalten werden. Das Dach wurde neu gedeckt, das Äußere der Kirche neu gestrichen, die Schallläden erneuert sowie ein barrierefreier Zugang errichtet. Das durch den Orkan Lothar abgefallene und seitdem im Keller gelagerte Kreuz auf der Kirchturmspitze kehrte Ende Juli 2011 wieder zurück.
Die Renovierungsarbeiten wurden in drei Sanierungsabschnitte aufgeteilt. Vor Weihnachten 2011 wurde der erste Sanierungsabschnitt abgeschlossen. Die gesamten vorgesehenen Arbeiten waren 2013 beendet und kosteten rund 2,2 Mio. Euro.
100-jähriges Bestehen
Im Jahr 2008 wurde das 100-jährige Bestehen gefeiert. Dazu gab es am 5. Oktober einen Festgottesdienst mit dem Freiburger Weihbischof Bernd Uhl und einer Aufführung der Krönungsmesse von Mozart. Am Wochenende 18./19. Oktober wurde ebenfalls besondere Kirchenmusik aufgeführt sowie eine Ausstellung über die Geschichte der Kirche gezeigt. Eine Festschrift sollte im Spätjahr erscheinen.
Orgel
Die Geschichte der Orgel ist noch nicht ausreichend erforscht. Sie wurde 1948 von der Durlacher Firma Carl Hess unter Verwendung von wertvollem Pfeifenmaterial (28 Registern) der Vorkriegs-Orgel (Firma Orgelbauanstalt H. Voit und Söhne, Durlach) gebaut und im Laufe der Jahre immer wieder ausgebessert. Ursprünglich waren 70 Register mit zwei Schwellwerken und 32'-Stimmen geplant.
Zur Ausführung kamen letztlich 44 klingende Register auf drei Manualen und Pedal. Im Laufe der Zeit nahm sich der Orgelbauer Karl-Heinz Bormann (Kehl) der Orgel an, besserte Technik und Mechanik aus, ersetzte minderwertiges (Nach-) Kriegsmaterial durch hochwertiges neues und intonierte ein außerordentlich vielseitiges und z.T. voluminöses Klangbild, das in Verbindung mit dem Nachhall des monumentalen Kirchenbaus durchaus Kathedralatmosphäre erzeugt. Die Klangstärke und das Spielgefühl erinnern ein wenig an Notre-Dame in Paris.
Literatur
- Hans Huth: „Kath. Stadtpfarrkirche St. Bonifatius, Karlsruhe-Weststadt”, 2. Auflage, erschienen 1983. Verlag Schnell & Steiner GmbH, Regensburg. ISBN: 978-3-7954-4235-4
Adresse
- Bonifatiuskirche
- Sophienstraße 127
- 76135 Karlsruhe
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