Otto Reize

Aus dem Stadtwiki Karlsruhe:

Otto Reize in Polizeiuniform

Otto Reize (* 2. Januar 1886; † Juni 1939), Polizeiwachtmeister, Mitglied der Durlacher SPD und des Reichsbanners, war schon vor 1933 aktiv im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Er war nach 1933 zweimal im KZ Kislau inhaftiert und setzte schließlich seinem Leben ein Ende.

Ausbildung und Heirat

Otto Friedrich Reize wurde am 2. Januar 1886 als Sohn des Conducteurs Heinrich Reize und dessen Ehefrau Sofie in Durlach geboren. Er besuchte die Volksschule, wurde nach dem Abschluss zunächst Hilfsarbeiter beim Bau und ab 1901 in der Maschinenfabrik Gritzner in Durlach als Fabrikarbeiter eingestellt. Er absolvierte erfolgreich Weiterbildungskurse, so dass ihn die Stadt Durlach 1912 als Schutzmann einstellte und schließlich 1920 zum Polizeiwachtmeister beförderte.

Bereits 1909 hatte Reize seine Ehefrau Frieda, geb. Winkler, in Wilferdingen geheiratet und war mit ihr im Jahre 1913 in eine Wohnung in der Weiherstraße 11 eingezogen. Das Ehepaar hatte zusammen sechs Kinder: Otto (geb. 1912), Hildegard (geb. 1914), Elfriede (geb. 1918, verh. Rüthmüller), Hans (geb. 1924), Irene (geb. 1925, verh. Schneider) und Erich Reize (geb. 1927).

Widerstand gegen Nazi-Propagandisten und Verurteilung

Otto Reize wurde Mitglied der SPD, trat dem Reichsbanner bei und wurde später Führer der Ortsgruppe Durlach. Am 26. April 1925, dem Tag der Reichspräsidentenwahl, kam es in Durlach zu einem Zusammenstoß zwischen Reichsbanner und Nationalsozialisten: Die Nazis, unter ihnen der 17-jährige Fritz Kröber vom Schlageter-Bund, kamen aus einem Propagandafeldzug für Hindenburg aus dem Pfinztal zurück und lieferten sich eine Schlacht mit den Reichsbannerleuten am Bahnhof Durlach. Kröber wurde erschossen, Reize wurde zur Last gelegt, den verhängnisvollen Schuss mit seiner Dienstwaffe abgegeben zu haben. Er kam vor das Schwurgericht Karlsruhe und wurde zu einer Gefängnisstrafe von 12 Monaten wegen „Landfriedensbruch in Tateinheit mit Körperverletzung und nachgefolgtem Tode“ verurteilt, die er abzüglich der achtmonatigen Untersuchungshaft vollständig verbüßt hat. Bis heute wird die damalige Art der Beweisführung angezweifelt.

Folgen der Widerstandshandlung für Reize

Reize war 1925 sofort aus dem Polizeidienst entlassen worden, wurde aber nach der Entlassung aus dem Gefängnis zum Führer der Ortsgruppe Durlach des Reichsbanners gewählt und zum Kandidaten der SPD für die Kommunalwahl 1926 bestimmt. Er wurde zunächst beim Arbeitsamt Durlach beschäftigt, fand dann aber eine Anstellung beim städtischen Gaswerk als Gasgeldeinzieher. Damit begann jedoch seine Tragödie und auch die seiner Familie, da sich die Nationalsozialisten mit Reizes Beschäftigung durch die Stadt nicht zufrieden gaben. Sie verlangten in einer Eingabe an den Stadtrat die Rückgängigmachung der Anstellung des „Mörders“ und forderten ihre Anhänger auf, die Zahlung von Gasgeldern an Reize einzustellen; dieser Aufforderung folgten auch viele – zum Teil sehr prominente – Durlacher NS-Sympathisanten.

Das „rote Durlach“ protestiert

Reize war den „unerhörten Provokationen und dem Terror des vom Nationalsozialismus verseuchten Bürgertums“ nicht gewachsen, so das Karlsruher SPD-Organ „Volksfreund“ und wollte seiner anscheinend ausweglosen Situation durch Selbstmord entkommen. Er überlebte jedoch, und das „rote Durlach“ rief zu einem Protestdemonstrationszug am 15. Oktober 1930 auf, dem zahlreiche linksgerichtete Vereinigungen aber auch viele unorganisierte Durlacher folgten.

Inhaftierung in Kislau und Flucht in den Tod

Stolperstein zu Ehren Otto Reize

Reize wurde dann als Hilfsarbeiter beim Städtischen Bauhof eingestellt, im März 1933 aber durch die Nazis entlassen, verhaftet und im KZ Kislau inhaftiert. Er wurde 1934 zwar aus Kislau entlassen, aber Frau und Kinder waren in der Zwischenzeit so drangsaliert worden, dass sie in eine kleinere Wohnung in der Fichtenstraße 8 umziehen mussten. Otto Reize wurde im Dezember 1935 wieder verhaftet, was von den Nazis erneut als Großtat für die an Fritz Kröber begangene „Blutschuld“ bejubelt wurde, und aus dem KZ Kislau dann 1936 wieder entlassen. Er war arbeitslos, seine Familie hatte in eine noch kleinere Wohnung in der Gudrunstraße 8 umziehen müssen, und er sah keine Perspektive für die Familie. Als seine Frau Frieda am 11. Juni 1939 im Krankenhaus Karlsruhe nach längerer Krankheit starb, beging er kurz darauf Selbstmord. In der standesamtlichen Mitteilung ist zu lesen, er sei „am 12. Juni 1939 um 20.15 Uhr in seiner Wohnung in Karlsruhe-Durlach tot aufgefunden worden“.

Am 16. April 2013 verlegte der Künstler Gunter Demnig mehrere Stolpersteine im Karlsruher Stadtgebiet, darunter auch einen in Gedenken an Otto Reize in der Gudrunstraße 8 in Durlach.

Quellen und Literatur

Hauptsächlich verwendet wurden:

  • Susanne Asche / Olivia Hochstrasser, Durlach. Staufergründung – Fürstenresidenz – Bürgerstadt, Badenia-Verlag 1996
  • Versch. Ausgaben der Zeitungen „Volksfreund“ und „Durlacher Tageblatt“
  • Adressbücher und standesamtliche Dokumente
  • Mündliche Auskünfte der noch lebenden Nachfahren

Weblinks