Johann Georg Förderer

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J.G. Förderer v. Richtenfels zur Linken von Markgraf Karl Wilhelm, Stich von ca. 1716

Johann Georg Förderer Edler von Richtenfels (* 25. Januar 1680 in Sulzburg, nach dem Julianischen Kalender; † vor 1745, lebte noch 1730 in Wien) war als markgräflich Baden-Durlachischer Kammerprokurator[1] an der Gründung von Karlsruhe beteiligt.

Leben und Wirken

Wappen auf dem Siegel

Die ursprünglich Fürderer genannte Familie – Großvater und Vater trugen ebenfalls den Vornamen Johann Georg – gehörte zur höheren oberländischen Beamtenschaft der Markgrafschaft Baden-Durlach. 1696 begann Förderer ein philosophisches Studium an der Universität Basel, verfasste bereits 1698 eine historische Dissertation an der Universität Straßburg, schloss 1702 mit einer juristischen Dissertation sein Studium in Basel ab. Danach hatte er viele Länder Mitteleuropas bereist, auch Russland und die Türkei. Unter Kaiser Leopold I. († 5. Mai 1705) erhielt er das Adelsprädikat „von Richtenfels“. Ab 1707 stand er als Kommissionsrat und Bergwerksdirektor in Diensten des Grafen/Fürsten Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt und wurde 1711 fürstlich fürstenbergischer Kammerrat in Donaueschingen. Seit 1709 bewarb er sich um eine Stelle in Baden-Durlach, aber erst zum 13. Mai 1713 wurde im vom Markgraf die Bestallungsurkunde ausgestellt. Fürst Anton Egon von Fürstenberg-Heiligenberg wollte seinen Kammerrat aber wegen zahlreicher noch nicht erledigter Aufgaben nicht ziehen lassen. So hielt Förderer erst am 29. Januar 1715 seine Antrittsrede als markgräflich badisch-durlachischer Kammerprokurator vor der Rentkammer. Bis März 1717 stand er im Dienste des Markgrafen Karl Wilhelm und war an der „Gründung“ Karlsruhes wesentlich beteiligt. Danach hielt er sich ab 1718, inzwischen zum katholischen Glauben konvertiert, in bislang unbekannter Funktion in Wien auf, wo er 1730 jedenfalls kaiserlicher Hofrat war.

Verheiratet war er mit Christina Rosina, geb. von Könitz, verw. von Schierstedt, mit der er mindestens vier leibliche Kinder hatte. Eine Tochter kam am Namenstag, („Karlstag") des Markgrafen Karl Wilhelm am 28. Januar 1714 noch in seiner Donaueschinger Dienstzeit zur Welt und erhielt nach ihrem fürstlichen Paten den Namen Carolina Johanna Antonetta.

Er war außerodentlich vielseitig begabt und tätig als Jurist, Finanz-, Verwaltungs-, Manufaktur- und Bergbaufachmann, Nationalökonom, Alchemist, Arzneikundler, Theosoph, Historiker, Zeitungsverleger, Pädagoge und Poet.

Von seinen Schriften war bislang nur der „Politischer Lustgarten eines Regenten“ von 1709 bekannt, eine Art merkantilistischer Fürstenspiegel für seinen Landesherrn, den Markgrafen Karl Wilhelm, dem er das Buch zu dessen Regierungsantritt widmete. Da weitere Publikationen nur anonym oder pseudonym erschienen, konnten sie ihm erst neuerdings zugeordnet werden: „Theosophische Gedanken“ (Frankfurt am Main 1709), „Theosophischer Wundersaal“ (Frankfurt am Main 1709), die 1719-1720 in Pressburg erschienene Zeitschrift „Atlantiades“ (d. i. Hermes/Merkur, der in der Mythologie ein Enkel des Atlas war) und „Musae Theresianae“ (Köln 1720), ein der Kaiserinmutter gewidmetes Andachtsbüchlein. Etwa ein Dutzend weitere in den Messkatalogen angekündigte Bücher sind verschollen oder haben das Licht der Öffentlichkeit gar nicht erst erblickt; von manchen gibt es aber Vorfassungen oder Erwähnungen in der Aktenüberlieferung. In der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe wurden inzwischen alle seine bisher bekannt und greifbar gewordenen Werke in kopialer Form zusammengetragen.

Außerdem entwickelte Förderer viele Projekte, von denen er allerdings kaum etwas verwirklichen konnte: Dem preussischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm (später der „Soldatenkönig“) schlug er 1706 die Gründung eines „Cherubim-Ordens“ vor und entwarf dessen Statuten, um 1707 konzipierte er in Arnstadt eine „Gesinde-Ordnung“ und eine „Cyclopedeia Monetaria“ („Universal-Geldlehre“). Vermutlich war er 1715 auch an der Abfassung der Statuten des Badischen Hausorden der Treue der anlässlich der Karlsruher Stadtgründung errichtet wurde, und am ersten Privilegienbrief für die neue Siedlung beteiligt[2]; 1717 entwarf er für den Markgrafen eine „Feuerordnung“. Über Jahrzehnte zogen sich seine Bemühungen um die Errichtung einer „Ritterakademie“ (einer Art höhere Erziehungsanstalt für vornehmlich adelige Jugendliche) hin, wofür er einen „Sicheren Vorschlag“ drucken ließ und an viele Personen und Höfe sandte. Insbesondere am Dresdener Hof Augusts des Starken wurde sein Vorschlag ernsthaft diskutiert. Noch 1730 schließlich hat er von Wien aus mittels eines allgemein an den Kaiser und alle Potentaten des Heiligen Römischen Reichs adressierten, ebenfalls gedruckten Plans, auch seinem Landesherrn Markgraf Carl Wilhelm angeboten, ein „Lyceum illustre“ in seiner Geburtsstadt Sulzburg auf eigene Kosten aufzubauen – der Markgraf sollte ihm dafür lediglich das Grundstück des verfallenen Klosters St. Cyriak zur Verfügung stellen – worauf sich Carl Wilhelm „der unsicheren Zeiten halber“ aber nicht einließ.

Werke

Die Badische Landesbibliothek besitzt keines seiner Werke im Original, hat sie aber alle, einschließlich der beiden Dissertationen, als Kopien beschafft. Der „Theosophische Wundersaal“ steht im Internet[3]

Literatur

Es gibt noch keine zusammenfassende Darstellung. Sein „Politischer Lustgarten“ wird im nationalökonomischen Fachschrifttum gelegentlich erwähnt, die beiden theosophisch-alchemistischen Werke sehr selten und ohne Bezug auf seine Person in der entsprechenden Literatur, die übrigen Publikationen waren ganz unbekannt geblieben. Über sein Ritterakademie-Projekt siehe Ernst Schwabe: Pläne und Versuch, um in Kursachsen eine Ritterakademie zu errichten. in: Mitteilungen der Gesellschaft für Deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte 17 (1907), 89-112. Lokalhistorisch ist er in Bezug auf die Gründung Karlsruhes erst durch Franz Schneider: Die Anfänge von Schloß und Stadt Karlsruhe, in: ZGO 85 (1933), Seiten 423-455, ins Blickfeld geraten. Ihm folgte R. G. Haebler: Der Mann, der die Stadt gründete, in: Die Pyramide, 25. Jg. Nr.3 vom 19. Januar 1936 Seiten 9-10. Siehe auch Christina Müller: Karlsruhe im 18. Jahrhundert (1992), Seiten 192-193, 213 und vor allem Gottfried Leiber: Friedrich Weinbrenners städtebauliches Schaffen für Karlsruhe. Teil I: Die barocke Stadtplanung und die ersten klassizistischen Entwürfe Weinbrenners. 1996. Seiten 36-38 und Derselbe: Der Karlsruher Stadtgrundriß und seine geometrischen Grundlagen. In: ZGO 154 (2006) Seiten 224-225.

Zudem wird er in Gottfried Leibers Artikel erwähnt: „Beamte sind schließlich auch nur Menschen: Intrigen aus den Akten“ in: Blick in die Geschichte. Vierteljahresausgabe. - 2004, 65. - Seite 6 [4]

Erinnerung

Weblinks

Fußnoten

  1. Siehe allgemein über dieses Amt: Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Kammerprokurator“
  2. Die offizielle Webpräsenz der Stadt Karlsruhe zum Thema „Privilegienbrief“
  3. http://books.google.de/books?id=clw6AAAAcAAJ
  4. Online: https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/blick_geschichte/blick65/beamte