Vogelart

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Die Lebensgrundlagen

Rheinniederung bei Karlsruhe Oktober 2009
Kinzig-Murg-Rinne (kultiviert)2009
Hardtwald nördlich der Stadt Oktober 2009
Kraichgau bei Stupferich Januar 2009

Der Boden ist Lebensgrundlage für Pflanzen, Menschen, Tiere und Bodenorganismen. Er besteht aus Mineralien unterschiedlichster Art und Größe sowie aus organischen Stoffen, also Humus. Mineralien und Humus bilden zusammen das Bodengefüge. Das oft kleinräumige Nebeneinander von Böden wird als Bodenlandschaft bezeichnet.

Böden werden Naturräumen zugeordnet. Die Gemarkung der Stadt Karlsruhe breitet sich vorwiegend auf dem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden oberrheinischen Tiefland aus und reicht im Osten in die Gäulandschaft (ebene, baumarme Landschaft mit fruchtbarem Boden durch Lössablagerungen) des Kraichgaus. Am südöstlichen Eck wird auch die Landschaft des Schwarzwalds berührt. Die oberrheinische Tiefebene wiederum gliedert sich von West nach Ost in die Rheinniederung, die Hardtebene und die Kinzig-Murgrinne.

Aus diesen Landschaften setzt sich das natürliche Umfeld der Stadt Karlsruhe zusammen.

Die Vegetation der Rheinniederung ist vielgestaltig. Sie besteht aus Weich- und Hartholzauewald, Kiefernwald auf trockenen Kiesrücken, Bruchwald der Randsenke, Schilfröhricht, Rohrkolbenröhricht, Großseggenrieden, Hochstaudenfluren, Feuchtwiesen, Glatthaferwiesen, Halbtrockenrasen auf Dämmen und Kiesrücken, Äcker, Einzelbäumen, Feldgehölzen, Obstbaumgrundstücken und Grabengehölzen. Die Gewässer bestimmen das Bild der Rheinaue. Dazu zählen Rhein, Altrheinarme, Alb, Schluten, Baggerseen und ähnliche Entnahmestellen, Gräben, Druckwassersenken, Tümpel.

Die Vegetation der Hardtebene besteht aus Kiefernwald mit Laubholzunterbau, bodensaurer Eichenwald, Eichen-Buchenwald, bachbegleitender Auenwald, blütenreicher Vegetation, trockenen Ödland, Sand- / Magerrasen, Streuobstgrundstücken, Obstbaumreihen, Äckern. Zudem Einzelbäume, Alleen, Feldgehölze. Auch Gewässer, wie Baggerseen, Alb und Pfinzentlastungskanal sind hier zu finden.

Die Kinzig-Murgrinne zeichnet sich aus durch Bruchwälder mit Erlen und Eschen, Eichen-Hainbuchenwälder auf feuchten Böden und Eichen-Buchenwälder auf trockenen Kiesrücken teilweise mit Kiefern, Schilfgebieten, Feuchtwiesen und –brachen und Äckern. Zudem Einzelbäume und Baumgruppen, Gebüsche und Hecken, Weidengruppen. Gewässer (Fluss, Gräben, Kanäle, Baggerseen, feuchte Senken und Tümpel, Moor) sind Reste des einst durchweg feuchten Gebietes.

Der Kraichgau ist Standort von Buchenwald, Hecken, Streuobstwiesen, feuchten bis trockenen Glatthaferwiesen sowie Einzelbäumen, Feldgehölzen, Hecken, Streuobstwiesen, Äckern. Kleine Bäche und Gräben durchziehen das Gelände.

Siehe hierzu auch: [1]

Die Lebensansprüche

Diese Vielfalt der Landschaften ist potentiell die Basis für eine reichhaltige Vogelwelt. Die Besiedlung fügte den natürlichen Elementen die durch Bebauung, Land- und Forstwirtschaft genutzten Flächen hinzu oder besser trat an deren Stelle. Die Landnutzung schränkte den Lebensraum an Fläche und Vielfalt ein, so dass die Artenzahlen den vom Standort her möglichen Reichtum nicht mehr bestätigt. Trotzdem verbleibt noch eine Vielzahl von Vogelarten, die in Stadt und Land zu finden sind.

So erfüllt die Stadt mit ihren aufragenden Wänden die ideale Voraussetzung für das sommerliche Brutgeschäft des Mauerseglers. Als Gebäudebrüter findet er in den Winkeln der Häuser seine Nistplätze. Und als Flugjäger nach Insekten und Spinnen ist er auf Bodenbeschaffenheit und Bewuchs nicht angewiesen.

Der sich hauptsächlich von Fischen ernährende Haubentaucher findet dagegen in der Stadt weder Nahrung noch Brutplatz. Er ist spezialisiert an das Leben auf größeren, stehenden Gewässern mit Schilfgürtel, die er in der Rheinniederung findet. Er baut ein auf dem Wasser schwimmendes Nest aus Pflanzenteilen, das er in der Ufervegetation versteckt.

Dazwischen gibt es eine große Anzahl von Vogelarten, die verschiedenste Lebensräume erobern können. Das sind die Generalisten.

Die Stockente z.B. ist bei der Wahl ihres Brutplatzes und ihrer Aufenthaltsorte wenig anspruchsvoll. Sie ist ein Allesfresser und sie ist nur wenig scheu im Umgang mit dem Menschen. Aber… ein Gewässer muss in der Nähe sein. So ist sie fast an jedem Teich auch mitten in der Stadt zu finden. Sie scheut sich nicht, ihr Nest auf dem begrünten Dach eines Versicherungsgebäudes anzulegen.

Auch die Kohlmeise ist Generalist. Sie lebt im Wald ebenso wie in Gärten, Parks und Alleen. Sie frisst Insekten ebenso wie Samen und Früchte. Im Winter ist sie gern gesehener Gast an den Futterstellen.

Das sind Beispiele, die zeigen sollen, dass es Kulturfolger gibt, die in der vom Menschen beeinflussten Landschaft ihren Winkel finden. Und es gibt Spezialisten, deren Erhalt vom Willen abhängt, ihren charakteristischen Lebensraum zu bewahren.

Lebensräume

Die Vogelarten werden grundsätzlich bestimmten Lebensräumen zugeordnet, die in ihrer allgemeinen Beschreibung die Karlsruher Landschaften unter Einschluss der besiedelten Bereiche abdecken.

So unterscheidet man vier Lebensräume:

  • Stadt, Park, Garten
  • Feld, Wiesen, offene Landschaften
  • Wasser, Sumpf und Schilf
  • Wald

Diese vier Lebensräume sind in allen vier Landschaften der Gemarkung Karlsruhe mehr oder weniger betont vertreten. Am Beispiel des Waldes ist aufzuzeigen, dass je nach Bodenbeschaffenheit und dem Vorhandensein von Wasser sehr verschiedene Waldtypen anzutreffen sind.

Für die Rheinaue ist z.B. die Weichholzzone markant. Dort wachsen Bäume, die an langüberflutete, fein- bis grobkörnige Schwemmböden gebunden sind. Dazu gehören Bäume wie die Grauerle, die Schwarzpappel und die Silberweide.

Auf der Hardtebene wuchsen ursprünglich Eichen und Buchen. Heute hat sich die Kiefer zur häufigsten Baumart entwickelt. Tritt sie als Monokultur auf, halbiert sich das Vogelvorkommen von 14 auf 7 Arten. Mit dem vom Umweltamt der Stadt herausgegebene „Naturführer Karlsruhe Hardtwald“ können markante Punkte des Hardtwaldes im Norden des Schlosses erschlossen werden.

Stadt, Park und Garten schaffen im ganzen Siedlungsraum Biotope mit einheitlicher Ausstattung und damit die über alles hinweg greifende Basis für anpassungsfähige Vogelarten. Von der Zuordnung zu einem bestimmten Lebensraum wird also nicht immer eine eindeutige Bestimmung einer beobachteten Vogelart möglich sein.

Rote Liste der Brutvögel Deutschlands

Die Situation des Vogelvorkommens in Deutschland wird regelmäßig in der „Roten Liste der Brutvögel Deutschlands“[2] offen gelegt. In ihr sind die Vogelarten erfaßt, die im Bestand bedroht sind. Die Kategorien beginnen bei „0“ = ausgestorben über „1“ = vom Aussterben bedroht und „2“ = stark gefährdet bis „3“ = gefährdet. Dazu werden Arten mit „R“ für geographische Restriktionen und „V“ für die Vorwarnliste erfaßt.

Von den unter Kapitel „Brutvögel in Karlsruhe“ aufgelisteten Arten mussten einige in die „Rote Liste“ des Jahres 2008 aufgenommen werden. Dazu gehören:

  • Grauspecht = Stark gefährdet (Kat. 2)
  • Baumfalke, Feldlerche, Weißstorch = Gefährdet (Kat. 3)
  • Feldschwirl, Feldsperling, Haussperling, Kleinspecht, Kuckuck, Mehlschwalbe, Pirol, Rauchschwalbe, Schwarzkehlchen, Teichhuhn, Waldschnepfe, Wasserralle = Vorwarnliste (Kat. V)

Die mit der Anfertigung der „Roten Liste“ verbundenen Ziele sind vielfältig. Sie richtet sich an die Öffentlichkeit ebenso wie an die Gemeinden oder an die Gerichte, die über Naturschutzdelikte zu entscheiden haben. Dem Naturschutz dienen sie zur Aufstellung von Artenschutzprogrammen und den Jägern und Fischern für ihre Regeln der Bewirtschaftung und Hege.

Für Karlsruhe gilt was bundesweit zu bemerken ist: Nur knapp die Hälfte der 260 heimischen Vogelarten kann als ungefährdet gelten. Für die bedrohten Arten sollten spezielle Hilfsprogramme erarbeitet und umgesetzt werden. Doch auch jeder Liebhaber dieser Tierart kann etwas für den Erhalt deren Lebensräume tun. Dazu soll dieser Text ebenfalls beitragen.

Gefährdungen und Artenschwund

Gefährdungen und Artenschwund haben vielfältige Gründe. Hier sollen die Urbanisierung einer Landschaft – die Rheinaue – und die Industrialisierung einer Nutzungsart – die Landwirtschaft – angesprochen werden.

Der Artenschwund war schon im 19. Jahrhundert Grund für Anmerkungen von Kennern des Vogelvorkommens. So berichtet Wilhelm Hans von Kettler, ein Forstmann, der von 1801 bis 1874 lebte, in seiner „Darstellung der ornithologischen Verhältnisse des Großherzogtums Baden“ – eine Bewertung, die den westlichen Teil des heutigen Stadtgebietes natürlich eingeschlossen hat – über den Bestandsrückgang wie folgt:

„In der Rheinebene sind seit dem Anfang des Jahrhunderts ausgedehnte sumpfige Flächen, s.g. Brücher, trockengelegt und zu schönen Wiesen umgewandelt worden; die landwirtschaftliche Cultur ist dicht an die Ufer des Stromes, seiner Altwasser und Nebenflüsse vorgerückt. Uns so sind den Sumpf- und Wasservögeln, welche vordem in großen Massen hier zu finden waren, beliebte Aufenthaltsorte entzogen worden. Wovon ihre numerische Abnahme die natürliche Folge gewesen ist. Becassinen z.B. und die meisten Wasserläuferarten, die noch vor nicht gar langer Zeit so häufig waren, daß sie oft zu Hunderten an einem Orte angetroffen werden konnten, sind fast zur Seltenheit geworden. Ebenso verhält es sich mit den Schnepfen, Wachteln, Rohrhühnern, Reihern und anderen. Nicht nur allein die auf den Zuge vorbeikommenden oder im Sommer einwandernden Vögel vermindern sich numerisch Jahr für Jahr, gleich wie die für die Küche beliebten Standvögel, sondern es ist dies in neuerer Zeit auch mit den Standvögeln der Fall gewesen, die, den Gaumen kaum ansprechend, vor den Nachstellungen der Menschen gesichert sind.“ Herr Kettler führt in einer systematischen Übersicht ein Vogelvorkommen von 318 verschiedenen Arten.

Diese Dokumentation aus dem Jahr 1849 entstand ca. 30 Jahre nach dem Beginn der Rheinbegradigung. Sie schließt also diesen massiven Eingriff in den natürlichen Verlauf des Flusses und die darauffolgende Kultivierung der überschwemmungsfrei gewordenen Böden schon mit ein. Erst 100 Jahre später sollte die verstärkte Erschließung der Rheinniederung den Artenschwund erneut beschleunigen.

Die Urbanisierung der Rheinaue begann mit der Geradlegung des Rheins im Jahre 1817, die am Rande des heutigen Stadtgebietes ihren Anfang nahm; das Tulladenkmal unweit des Hofgutes Maxau erinnert daran. Im Jahre 1840 folgte der Vorläufer der heutigen Rheinbrücke, ein hölzerner Steg auf Pontons. 1862 entstand der Maxauer Hafen, der heute den Yachthafen beherbergt. Die erste Industrieansiedlung schloss sich 1883 mit der Papier-Zellstoffabrik an. 1901 wurde der Rheinhafen nach dreijähriger Bauzeit eröffnet. Das Rheinhafendampfkraftwerk errichtete im Jahre 1955 Block I. Berthold Markgraf von Baden weihte 1957 auf seinem Gelände bei Knielingen das Kieswerk Maxau ein. Der größte Eingriff in die Auenlandschaft begann im Jahre 1960 mit dem ersten Bauabschnitt der Raffinerien. Der Ölhafen erleichterte 1963 den Weg über das Wasser. Im gleichen Jahr weihte die Stadt den westlichen Teil der Südtangente ein.

Die Industrie- und Verkehrsmaßnahmen passten sich im Laufe der Zeit den erweiterten Bedürfnissen an. So entstand im Westen des Stadtzentrums ein zweiter Schwerpunkt der Bebauung mit seinen nachteiligen Auswirkungen auch auf das hier spezielle Vorkommen an Vogelarten. Die derzeit heftig diskutierte Errichtung der zweiten Rheinbrücke mit dem Teilabschnitt der Nordtangente und die geplante Neuansiedlung von Gewerbe im südostgerichteten Winkel der Raffinerien werden das Rad der Urbanisierung der Rheinaue noch weiter drehen.

Schon 1995 wiesen die Verfasser der Untersuchung der „Belastungsgrenzen des Raumes Karlsruhe“ darauf hin, dass „die großen Industrieflächen im Westen der Stadt einen zweiten Belastungskomplex darstellen, der sich nahtlos an den der Innenstadt anschließt“. Sie empfahlen, „die im Flächennutzungsplan vorgesehene Nutzung als Gewerbeflächen sollte nicht realisiert und darüber hinaus die Raffinerienutzung nordwestlich des Klärwerkes soweit zurückgedrängt werden, daß ein 300-400 Meter breiter Korridor als Übergang zur Neureuter Rheinniederung gebildet werden kann“.

Die Gründe für den Artenschund sind vielfältig. Von den bebauten Flächen mit 27 % über die Verkehrsflächen mit 12 % und die Landwirtschaft mit 21 % der Gemarkungsfläche gehen Einflüsse auf die Vielfalt des Vogelvorkommens und anderer Arten aus.

Die Intensivierung der Landwirtschaft spielte bei dem Artenschwund für Bewohner der offenen Landschaft eine maßgebliche Rolle. Die Schaffung von Großbetrieben, das Anlegen großer Bewirtschaftungsflächen, die Entwässerung von Feuchtgebieten, die Entfernung von Feldrainen, Hecken, Feldgehölzen, Tümpeln, großdimensionierte Monokulturen und dazu der Einsatz von sogenannten Pflanzenschutzmitteln führten zu der schon vor 35 Jahren von Jochen Holzinger in der Schrift „Die Vögel Baden-Württembergs, Gefährdung und Schutz“ von 1974 (Teil I Seite 77) beklagten Entwicklung:

„In Baden-Württemberg lautet bei nahezu der Hälfte der gefährdeten Vogelarten die Hauptgefährdungsursache Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei. Im gesamten Bundesgebiet (1974!) stellt die Landbewirtschaftung für die 78 einheimischen Vogelarten der Kategorien 2 - 4 den Hauptgefährdungsfaktor dar. 57 von 78 Arten sind durch die moderne Landwirtschaft betroffen.“

Damals – 1974 – stand die Feldlerche noch nicht auf der „Roten Liste der bedrohten Brutvögel“. In der Roten Liste des Jahres 2008 wird sie unter der Kategorie 2 (= gefährdet) geführt. Und das ist nur ein Beispiel.

Noch ist die Modernisierung und Rationalisierung der Landwirtschaft nicht abgeschlossen. Vermehrt gibt es aber Signale aus dem Rathaus der Stadt Karlsruhe, die den Bürger nahe legen, Produkte aus ökologischer Landwirtschaft zu erwerben, eine Bewirtschaftungsform, die neben der Erzielung von Ernteerträgen den Erhalt der Artenvielfalt zum Inhalt hat.

Solche Signale lassen sich bereits aus die Belastungsstudie für den Raum Karlsruhe entnehmen, die, 1995 erstellt, in dem Beiheft „Ökologische Aspekte der Stadtentwicklung“ unter Ziffer 9.5 folgenden weiteren Handlungsbedarf für landwirtschaftliche Betriebe in städtischer Hand enthält:

„Förderung des ökologischen Landbaus durch Umstellung der städtischen Gutshöfe. Stärkere finanzielle und technische Unterstützung der ehrenamtlichen Naturschutz- und Biotoppflegearbeit.“

Die neuesten Planungen im Westen der Stadt nehmen diese Empfehlungen auf. Das für die Rheinparkplanung zuständige Gartenbauamt hat sich darauf festgelegt, die jetzige intensive Landnutzung der Äcker des Hofgutes Maxau bis 2015, dem 300-jährigen Jubiläum der Stadt, durch einen Betrieb im ökologischen Landbau zu ersetzen.

Klimawandel

Das in der oberrheinischen Tiefebene gelegene Karlsruhe ist dem Klimawandel besonders deutlich ausgesetzt. Das Gebiet gehört zu wärmsten Regionen Deutschlands. Klimamodelle zeigen beunruhigende Aussichten. In Karlsruhe könnten die Tage mit 30 Grad und mehr bis 2050 von 16 auf über 30 steigen.

Das Klima gefährdet Tier und Pflanzenarten mit kleinem Verbreitungsgebiet, mit geringer Anpassungsfähigkeit und Vögel, die z. B. keine Bruthabitate mehr vorfinden oder die wachsende Hindernisse auf ihren Zugstrecken nicht mehr überwinden können.

Schon zeigen sich erste Auswirkungen. Z. B. kehren Mehlschwalben heute schon etwa 10 Tage früher aus Nordafrika zurück. Die Feldlerche zieht im Herbst später in Richtung Süden. Star, Stieglitz und Zilpzalp überwintern immer öfter hierzulande. Weitstreckenzieher wie Pirol, Nachtigall und Fitis verfehlen den für die Ernährung günstigsten Brutzeitpunkt. Andere Arten, wie der Bienenfresser, werden ihr Brutgebiet nach Norden ausdehnen können. Anpassungsfähige Arten, wie die Meisen, vermehren sich durch Abnahme der Wintersterblichkeit und sie brüten deutlich früher und besetzen damit die Brutreviere der Zugvögel.

Brutvögel in der Region

Verlassene Uferschwalbenkolonie am Büchenauer Baggersee Fahrteich
Hinweistafel zu den brütenden Uferschwalben

Nachfolgend werden die in Karlsruhe brütenden Vogelarten nach dem Stande November 2009 systematisch aufgelistet. Das natürliche Umfeld stellt das Potential für weitere inzwischen hier ausgestorbene Arten dar. Sie finden hier keine Erwähnung. Auch die nur im Vogelzug hier rastenden oder überwinternden Vögel sind nicht benannt:

  • Lappentaucher: Zwergtaucher, Haubentaucher
  • Kormorane: Kormoran
  • Reiher: Graureiher
  • Störche: Weißstorch
  • Entenvögel: Höckerschwan, Graugans, Kanadagans, Nilgans, Stockente
  • Habichtartige: Schwarzmilan, Rohrweihe, Habicht, Sperber, Mäusebussard
  • Falkenartige: Turmfalke, Baumfalke, Wanderfalke
  • Fasanenartige: Fasan
  • Rallenvögel: Wasserralle, Teichhuhn, Blässhuhn
  • Regenpfeifer: Flussregenpfeifer
  • Schnepfenvögel: Waldschnepfe
  • Tauben: Straßentaube, Hohltaube, Ringeltaube, Türkentaube, Turteltaube
  • Kuckucke: Kuckuck
  • Schleiereulen: Schleiereule
  • eigentl. Eulen: Waldkauz, Waldohreule, Steinkauz [1]
  • Segler: Mauersegler
  • Eisvögel: Eisvogel
  • Spechte: Grauspecht, Grünspecht, Buntspecht, Mittelspecht, Kleinspecht
  • Lerchen: Haubenlerche, Heidelerche, Feldlerche
  • Schwalben: Rauchschwalbe, Mehlschwalbe
  • Stelzen, Pieper: Gebigsstelze, Bachstelze
  • Zaunkönige: Zaunkönig
  • Braunellen: Heckenbraunelle
  • Fliegenschnäpper: Rotkehlchen, Nachtigall, Hausrotschwanz, Gartenrotschwanz, Schwarzkehlchen
  • Drosseln: Amsel, Wacholderdrossel, Singdrossel, Misteldrossel
  • Grasmückenartige: Feldschwirl, Sumpfrohrsänger, Teichrohrsänger, Gelbspötter, Klappergrasmücke, Dorngrasmücke, Gartengrasmücke, Mönchsgrasmücke, Waldlaubsänger, Zilpzalp, Fitis
  • Goldhähnchen: Wintergoldhähnchen, Sommergoldhähnchen
  • Fliegenschnäpper: Grauschnäpper, Trauerschnäpper
  • Schwanzmeisen: Schwanzmeise
  • Meisen: Sumpfmeise, Weidenmeise, Haubenmeise, Tannenmeise, Blaumeise, Kohlmeise
  • Kleiber: Kleiber
  • Baumläufer: Gartenbaumläufer
  • Pirole: Pirol
  • Würger: Neuntöter
  • Rabenvögel: Eichelhäher, Elster, Dohle, Saatkrähe, Rabenkrähe
  • Stare: Star
  • Sperlinge: Haussperling, Feldsperling
  • Finken: Buchfink, Girlitz, Grünfink, Stieglitz, Kernbeißer
  • Ammern: Goldammer

Schutz und Betreuung

Erstaunlich an der Aufzählung der bedrohten Vogelarten ist die Tatsache, dass auch Vögel aufgenommen werden mussten, die deutlich als Kulturfolger zu benennen sind. Haussperling und Mehlschwalbe fanden in der andauernden Besiedlung des Landes offensichtlich keinen erweiterten Lebensraum. Die steigenden Ansprüche an Hygiene, die Sanierung der Fassaden, der Wegfall offener Nutztierhaltung, der Pestizideinsatz auf den Feldern haben den Tieren die Nahrungsgrundlage entzogen. Selbst wenn die Vögel ihre Jungen mit eiweißreicher Kost versorgen könnten, kommen sie nicht zur Brut, da ihnen die Nistplätze fehlen.

Es geht darum, bewusst auf die Ansprüche der Vogelarten einzugehen, ohne auf hygienische Standards oder moderne Verkehrswege zu verzichten. Dazu gehört die Beschäftigung mit deren Lebensgewohnheiten und die Bewahrung oder Herstellung entsprechender Biotope.

Ein Beispiel für den Erhalt eines Lebensraumes liegt mit dem Schutzgebiet „Burgau“ auf der Gemarkung der Stadt. Die Verordnung eines Schutzgebietes - hier im Bereich der Rheinauen - ist wohl die wirksamste Naturschutzmaßnahme. Wobei anzumerken ist, dass die Rheinaue auf Karlsruher Gemarkung bereits vorwiegend kultivierte Landschaft anbietet, die ursprünglichen Stärken des Biotops also nicht mehr verkörpert. Außerdem wachsen die Erholungsansprüche an naturnahe Reserven mit der Schließung der freien Räume im Umfeld. Die auch hier schon im 19. Jahrhundert angelegten Streuobstwiesen sind eigentlich eine ortsfremde Offerte mit ökologischem Vorrat für ehemalige Bewohner der Savannen. Der Biotoptyp Rheinauen wurde durch Streuobstwiese ersetzt, ein durch Kultivierung vollzogener Wandel mit positiven Aspekten.

Für beabsichtigte bauliche Nutzungen eines Naturraumes wurden Ordnungsregeln in Kraft gesetzt, die das hierarchisch gefügte System der Bundesrepublik durchziehen. Von der Bundesraumordnung über Landes-, Regional- und Flächennutzungsplanung kommt das Anliegen letztlich zum Bebauungsplan. Das bestehende Bau- und Planungsrecht ist an flächenfressendem Wachstum orientiert. Hinzu kommt der mangelnde Wille von Politik und Verwaltung das Planungsrecht konsequent unter flächensparenden Gesichtspunkten anzuwenden.

Außer den Kompensationsregeln für den Verlust an natürlichem Umfeld, z.B. im Rahmen des Ökokontos, gibt es auf allen Ebenen keine Vorschrift, die in der Wirksamkeit z.B. der Energieeinparverordnung vergleichbar wäre. Vor Ort bleibt es den privaten Investoren überlassen, in welchem Maße sie bereit sind, einen Teil ihrer Einlage in Artenschutzmaßnahmen umzusetzen.

Das System des Ökokontos wurde zur Vergrößerung des Spielraumes für Bauersatzmaßnahmen eingerichtet. Ziel war und bleibt laut Konzept der „Erhalt der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes sowie des Landschaftsbildes“. Artenschwund und Landschaftsverbrauch zeigen, dass dieses Konzeptziel nicht erreicht worden ist. Das Instrument des Ökokontos hat seinen Endzweck verfehlt. Es bleibt dem Bürger überlassen, in welchem Maße er sich für den Schutz von Haussperling[3] und Mehlschwalbe[4] einsetzt.

Es folgen einige Empfehlungen, wie und wo sich der engagierte Bürger einsetzen kann. Schutz und Betreuung der vorgenannten beiden Vogelarten und dazu der Schleiereule[5] und der Feldlerche [6] werden als Beispiele verwendet; die Eule als das Symbol eines seitens der Gruppe Karlsruhe des NABU erfolgreichen Engagements und die Lerche als ein Beispiel für eigentlich leicht umsetzbare Schutzmaßnahmen in der Landwirtschaft.

Nistkästen

Broschüre des NABU
Bauanleitung für Nistkasten
Nistkasten für Höhlenbrüter
Nistkugel für Mehlschwalben

Die hier betrachteten Ansprüche an Nistung und Nahrung haben arttypische Eigenheiten. Der Kern für alle ist ein ungestörter Platz für das Nest und ein Umfeld mit ausreichendem Nahrungsangebot für den Vogel und seinen Nachwuchs. Grundkenntnisse über die Lebensgewohnheiten der Vogelarten sind also unvermeidlich. Dazu gibt es eine ausführliche Literatur. Den schnellsten Weg gehen Sie über Wikipedia. Die Namen der Vogelarten sind entsprechend verlinkt.

Der NABU hat die Broschüre „Wohnen nach Maß“ [7] aufgelegt, in der Nisthilfen für Vögel, Fledermäuse, Igel und Insekten beschrieben werden.

Aus dieser Broschüre stammt die hier abgebildete Nisthilfe für Höhlenbrüter, zu denen der Haussperling zählt. Je nach der Größe des Einflugloches trifft der Erbauer die Wahl der Vogelart. Für den Haussperling sind 35 mm Durchmesser bequem.

Auch für das Nisten der Mehlschwalbe bietet das Blatt eine Bauanleitung. Ihr Viertelkugelnest lässt sich mit Hilfe einer so zurechtgeschnittenen Styroporkugel aus einem Teig von Gips und Sägemehl auf einem Winkelbrett formen.

Falls Ihnen ein Kirchturm, eine Scheune oder ähnliches zur Verfügung steht, können Sie sich auch an den Bau und die Installierung eines Kastens für die Schleiereule wagen. Sie können aber auch dem NABU, Gruppe Karlsruhe ein solches Revier anzeigen, damit diese recht anspruchsvolle Nisthilfe von erfahrenen Helfern ausgeführt wird.

Für die Feldlerche hat der NABU eine Empfehlung [8] veröffentlicht, die eine Anregung an engagierte Bürger sein soll. Die Lerche brütet auf Ödlandflächen, für die die intensivierte Landwirtschaft keinen Raum mehr lässt. Mit geringem Aufwand könnte der Landwirt die durchgängige Aussaht der Feldfrucht für sogenannte Feldlerchenfenster unterbrechen.

Vogelbestimmung

Die Vogelbestimmung bedarf des Wunsches, sich mit dieser Lebensform zu beschäftigen. Mit Bestimmungsbuch und Fernglas kann der Hobby-Ornithologe seinen Beobachtungskreis vom häuslichen Balkon auf die Gärten, Wiesen, Wälder und Gewässer des Umfeldes ausdehnen. Der NABU-Gruppe Karlsruhe bietet jedes Jahr einige Bestimmungstouren in unterschiedlichste Biotope an. Die Termine sind dem Halbjahresfaltblatt zu entnehmen[9].

Der NABU hat zudem einen Online-Vogelführer veröffentlicht, mit dem eine erleichterte Bestimmung des beobachteten Tieres möglich[10].

Fußnoten