Schröpfbad Staffort

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Das Schröpfbad Staffort war ein markgräflich privilegiertes Erblehen (d.h. eine markgräfliche Berufsgenehmigung, die vererbt werden konnte), das über hundert Jahre bis Mitte des 19. Jahrhunderts bestand.

Geschichte

Das Stafforter Schröpfbad wurde 1751 errichtet und soll bis 1864 stark frequentiert worden sein. Das von Wilhelm Hauck und Hanna Heidt beschriebene Haus stand in der heutigen Carl-Peter-Straße direkt am Wehrgraben und wurde Opfer des Bombenangriffs auf das Dorf im Februar 1945.

Den Stafforter Kirchenbüchern (1794–1797) ist zu entnehmen, dass die Bevölkerung in Notfällen durch Ärzte aus Bruchsal, Durlach, Friedrichstal, Heidelsheim und Weingarten versorgt wurde und darüber hinaus die Apotheker in Bruchsal und Graben Medikamente verordneten. In vielen Fällen ist jedoch vermerkt, dass kein Arzt zur Stelle war.

In jener Zeit besuchten viele und vor allem arme Kranke Hilfe bei sogenannten Wunderdoktoren, die auf Hausmittel und unkonventionelle Heilmethoden zurückgriffen. Ein oft angewandtes und beliebtes Verfahren in Krankheitsfällen oder zur Vorsorge war der Aderlass oder das Schröpfen. Tätigkeiten wie Aderlassen oder Zahnziehen verrichtete noch bis zum 19. Jahrhundert der Chirurg. Dieser versah auch das Geschäft des Rasierens und Haarschneidens, wurde auch Wundarztdiener genannt. Wenngleich mit dem heutigen Chirurgen nicht vergleichbar konnte der Titel auf Grund eines amtlichen Zeugnisses erworben und die Berufsausübung als Chirurg genehmigt werden. Der Stafforter Chirurg Johannes Brauch (1807–1864) soll hohes Ansehen bei der Bevölkerung gehabt haben und besaß sogar ein Erblehen auf seine Zulassung. Er hatte trotzdem jahrelang Beschwerden von Ärzten und Fachkollegen zu ertragen die er aufwendig verteidigen musste.

Einerseits wurde Brauch durch den Weingartener Arzt Dr. Großmann angegriffen, der ihn beim Großherzoglichen Ministerium des Innern anschwärzte und unsauberes Arbeiten vorwarf. Andererseits beschwerten sich der Wundarzneidiener Ockenfuß aus Jöhlingen und der Chirurg Lindemann aus Wössingen beim gleichen Ministerium, dass ihre Patienten vermehrt nach Staffort gehen würden, wogegen dringend eingeschritten werden sollte.

Pfarrer Henhöfer, der zum Leumund des Stafforter Chirurgen befragt wurde bescheinigte diesem: „dass er viel ins Wirtshaus und wenig in die Kirche gehe“. Brauch bemerkte dazu, dass der große Durst durch das Schwitzen im Schröpfbad komme.

Obwohl die vier Töchter Brauchs beim Schröpfen mithalfen und drei davon verheiratet waren, fand der streitbare Chirurg Brauch keine Nachfolge um das markgräfliche Erblehen fortzuführen. Offensichtlich hatten die langjährigen Auseinandersetzungen die Familie ermüdet und zum Verzicht des Erblehens veranlasst. Hanna Heidt schreibt:

„Jeden Donnerstag fanden sich fünfzig bis sechzig Personen im Schröpfbad ein. In einem mit Ziegeln ausgelegten Raum war ein Wasserkessel aufgestellt, der aufgeheizt wurde. Damit erreichte der Raum eine Temperatur von 30 bis 50 Grad Celsius, sodass das Wasser von den Wänden triefte. Inmitten des Raumes waren zwei Bankreihen aufgestellt. Auf der einen Seite saßen die Mannspersonen, auf der anderen Seite die Frauen, Rücken an Rücken und entblößt, um in der Heißluft zu schwitzen. Hin und wieder wurde die ein oder andere Person bei dieser Prozedur ohnmächtig. Während der Schwitzkur wurden den Patienten jeweils zwölf bis zwanzig Schröpfköpfe am Rücken zur Blutableitung angesetzt. Bei den Schröpfköpfen handelte es sich um runde, mit spitzen Messerchen versehene Kapseln. Diese blieben solange am Körper, bis die Wunden ausgeblutet hatten.
Nach Beendigung der Behandlung, die zwölf Kronen kostete, setzten sich die Heilsuchenden zur Stärkung in die Kanne, da der Kannenwirt eine stille Abmachung mit dem Chirurgen hatte.
Unvorsichtiges Verhalten der "Geschröpften" verursachte häufig Erkältungen mit schlimmen Folgen, sodass Ärzte damals gegen diese Einrichtung vorgingen. Weil es sich jedoch um ein altes Erblehen handelte, wollte man amtsseitig nichts weiter unternehmen. Mit dem in den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts eingetretenen Tode des Chirurgen Brauch wurde das privilegierte Schröpfbad Staffort geschlossen.“

Literatur

  • Wilhelm Otto Hauck: Staffort – Schloß und Dorf an der steten Furt (Ortschronik), Gemeinde Stutensee 1993, Seite 195 ff.
  • Hanna Heidt: Erinnerungen an die Vergangenheit. Eigenverlag, Schwanen Stutensee-Staffort 2003, Seite 39 f.
  • Manfred G. Raupp: Die Stafforter Geschlechter 1669–1975; Sippenbuch Manuskript hinterlegt im Stafforter Bürgerbüro und in der Evangelischen Kirchengemeinde Staffort
  • derselbe: 4000 Jahre Stete Furt und 350 Jahre Kirchenbuchaufzeichnungen; Stutensee-Staffort 2010.

Weblinks