Räuberhöhle Bruchsal

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Die Räuberhöhle Bruchsal war eine Männervereinigung, die von 1895 bis 1939 existierte. Laut Gründungsprotokoll war ein Vereinigungszweck „an einem bestimmten Abend in der Woche ein gemütliches Beisammensein herbeizuführen". Aus späteren Protkollen geht hervor, dass dieser "Kneipe" genannte Abend ein Mittwoch war.

Formell betrachtet war auch die Verehrung des Dichters Friedrich Schiller. Im Konkreten äußerte sich die in der Vereinigunsgbezeichung sowie auf die intern verwendeten Mitgliedernamen die sich in der Regel auf das Werk "Die Räuber" bezogen. Zudem wurden gelegentlich Feiern mit Bezug auf Schiller veranstaltet. Anders als in vergleichbaren Vereinigungen spielten im Alltag Schiller und sein Werk jedoch keine Rolle.

Gegründet wurde die Räuberhöhle am 5. Dezember 1895, nachdem aus Heidelberg und Mannheim Mitglieder der dortigen Räuberhöhlen nach Bruchsal gezogen waren und die Tradition am neuen Wohnport fortsetzen wollten. Besonders zur 1888 gegründeten Heidelberger Räuberhöhle wurde ein enger Kontakt gepflegt, wobei die Bruchsaler Gruppe stets als hierarchisch untergeordnet in Erscheinung trat.

Die Mitglieder waren überwiegend junge Ingenieure und Kaufleute. Eine Verbindung gab es zur Maschinenfabrik Bruchsal AG, da der Anteil der dort angestellten Vereinigungsmitglieder vergleichsweise hoch war. Das Durchschnittsalter lag bei Gründung bei 22,5 Jahren, 1930 lag es bei 28,5.

Es gab ein ausgefeiltes Wertesystem, das auch Strafen vorsah bei unentschuldigtem Fernbleiben der wöchentlichen Treffen. Fehlverhalten und Streitigkeiten unter den Mitgliedern wurden auch dann intern geregelt, wenn kein Zusammenhang mit den Wochentreffen bestand.

Waren Frauen zunächst ausdrücklich nicht zugelassen, wurden sie später zumindest geduldet, wenn ein Mitglied heiratete und seine Ehefrau mitbrachte.

Als 1925 der NSDAP-Ortsverein Bruchsal gegründet wurde, waren viele dessen Gründungsmitglieder auch in der Räuberhöhle aktiv. Wie viele zeitgenössische Männervereinigunge bestand auch bei der Räuberhöhle ein gelebter Antisemitismus, da Juden zu keinem Zeitpunkt Mitglied werden durften.

Da sich alle Mitglieder innerhalb der Vereinigung neue Namen gaben, welche so auch in den Protokollen geführt wurden, ist es nicht immer möglich, einen Vereinigungsnamen einer bestimmten Person zuzuordnen. Bekannt gewordene Mitglieder waren unter anderem

  • Wilhelm Mehner, Name "Bärenhäuter". Feierte im August 1900 seine Verlobung in der Räuberhöhle
  • Josef Mariano Kitschker, Name "Fra Diavolo". Fertigte bis zu seinem Umzug nach Karlsruhe zahlreiche Zeichungen für die Räuberhöhle an.
  • Friedrich von Bohlen und Halbach
  • Paul Biedermann (druckte 1937 die Enzyklika "Mit brennender Sorge". Ob er zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied der Räuberhöhle war, ist unklar)

1939 kam es zur Auflösung der Vereinigung, da es nicht mehr möglich war, neue Mitglieder zu gewinnen. Viele alte Mitglieder waren verstorben, weggezogen oder aus politischen Gründen ausgeschlossen worden. 1948 wurde das Rest-Vermögen unter den Hinterbliebenen der nicht NS-belasteten Mitglieder verteilt.