Juden in Jöhlingen
Juden in Jöhlingen.
Geschichte
Die jüdische Gemeinde Jöhlingen zählte Mitte 1933 noch 15 Mitglieder, nachdem sie in den Jahrzehnten zuvor durch Abwanderung in umliegende Städte stark geschrumpft war. Der Altersdurchschnitt betrug 60 Jahre. Durch die Abwanderung einer jüngeren, vierköpfigen Familie stieg er 1938 auf 69 Jahre.
Bis zur reichsweiten Verschärfung judenfeindlicher Gesetze kam es in Jöhlingen zu wenigen antisemitischen Vorfällen. Im August 1935 wurde die Synagogenstraße in „Stürmerstraße“ umbenannt, nach der antisemitischen Zeitschrift. Den beiden jüdischen Viehhändlern wurde die Handelserlaubnis entzogen, der Metzger mit Berufsverbot belegt. Seine Familie musste 1936 viel Grundbesitz verkaufen, um überleben zu können.
Im Zuge der Novemberpogrome 1938 wurde die vor 1802 erbaute Jöhlinger Synagoge in Brand gesteckt, aber aufgrund der Nähe zu anderen Gebäuden weitgehend unbeschädigt belassen. Das Grundstück wurde im April 1940 an einen Jöhlinger Bürger verkauft und die Synagoge in den 1950er Jahren abgerissen. Am 9. November 1938 mussten auch die letzten beiden jüdischen Geschäfte schließen.
Der durch Ministerialerlass angeordnete Verkauf des Gelände des jüdischen Friedhofes scheiterte an mangelndem Interesse der politischen Gemeinde und am Verbot des Verkaufs an Privatpersonen. Dadurch überstand der Friedhof die NS-Zeit weitgehend intakt.
Am 22. Oktober 1940 wurden sieben Jöhlinger Juden nach Gurs deportiert. Damit lebten ab diesem Tag keine Juden mehr in Jöhlingen. Die zunächst verschonte Johanna Fried wurden in das Karlsruher jüdische Altenheim gebracht und später im KZ Theresienstadt ermordet.
Mahnmale
Anfang November 2008 wurde ein Mahnmal eingeweiht; die Initiative dafür ging von David Laufer und Christopher Ries aus, ehemalige Schüler des Ludwig-Marum-Gymnasiums. Es befindet sich am kleinen Grünstreifen zwischen Stadtbahn (Leonorenweg) und neuem Jöhlinger Friedhof. Ein Teil des Mahnmals besteht aus Eisenbahnschwellen, die an den Sammeltransport in Güterwagen erinnern sollen, der Rest aus aus Glas, Holz und Metall. Eine doppelte Ausfertigung steht seit Oktober 2007 in Neckarzimmern.
Laufer und Ries haben zudem auch die Geschichte der Juden ihrer Heimatgemeinde aufgearbeitet.
Text der Tafel:
MAHNMAL FÜR DIE IM JAHRE 1940 NACH GURS
VERSCHLEPPTEN JÖHLINGER JUDEN
AM 22. OKTOBER 1940
WURDEN AN 137 BADISCHEN ORTEN
ÜBER 5600 JÜDISCHE MITBÜRGER DARUNTER AUCH AUS
DER GEMEINDE JÖHLINGEN IN DAS SÜDFRANZÖSISCHE
INTERNIERUNGSLAGER GURS DEPORTIERT.
VIELE VON IHNEN KAMEN DORT UMS LEBEN
ODER WURDEN SPÄTER IN DEN VERNICHTUNGSLAGERN
IM OSTEN ERMORDET.
DAS MAHNMAL-PROJEKT RUFT INSBESONDERE
JUGENDLICHE DAZU AUF, FORMEN DES ERINNERNS
UND GEDENKENS AN DAS SCHICKSAL
DER VERSCHLEPPTEN ZU ENTWICKELN UND
SICH FÜR RESPEKT UND TOLERANZ EINZUSETZEN.
EIN IDENTISCHES MEMORIAL STEHT ALS TEIL
DES ZENTRALEN MAHNMALS IN NECKARZIMMERN.
Ökumenisches Jugendprojekt
November 2008
David Laufer
Christopher Rieß
Zudem wurden bisher sechs Stolpersteine verlegt, siehe Stolpersteine Jöhlingen.