Datei Diskussion:Gaswerk Ost Waggonkipper 2.jpg

Aus dem Stadtwiki Karlsruhe:

Schlussfolgerungen aus der Waggonbeschriftung

Anmerkung: Diese Diskussion wurde ursprünglich auf Benutzer Diskussion:AD KA geführt und hierher kopiert. -- Svenman 14:26, 23. Jun. 2011 (CEST)

Hallo AD KA, ich war so frei, die Bildbeschreibung abzuändern. Deine Vermutung über den Hersteller des Waggons habe ich entfernt, da ich annehme, es war dein Versuch, die Aufschrift "Elsaß-Lothringen" zu deuten. Es handelt sich hierbei aber schlicht um die Angabe der Bahnverwaltung, der der Waggon gehört, nämlich die Reichseisenbahnen Elsass-Lothringen. Somit ist das Bild nebenbei auch auf die Zeit vor der Rückgabe Elsass-Lothringens an Frankreich datiert und die ursprüngliche Datierung "vermutlich um 1930" widerlegt.

Um meinerseits etwas zu spekulieren: Könnte es sein, dass das Bild im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des Gaswerks Ost entstanden ist? Es zeigt jedenfalls (anders als dieses Bild) keinen tatsächlichen Entladevorgang: die Kopfklappe des Waggons ist nicht entriegelt und schwenkt nicht aus! Mir scheint, dass hier mit einem leeren Güterwagen nur die grundsätzliche Funktion der Waggonkippanlage demonstriert wurde.
-- Svenman 22:19, 21. Jun. 2011 (CEST)

ist auszuschließen dass die Aufschrift sich später noch auf dem Wagen befand (es gibt ja auch andere die nach 1918 blieben, z.B. diese bis heute)? – LGR 109 22:28, 21. Jun. 2011 (CEST)
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Eigentümerbezeichnung auf den elsässisch-lothringischen Güterwagen schon aus politischen Gründen nach 1918 sehr zügig in "Alsace-Lorraine" bzw. "A.L." abgeändert wurde. Auch wäre ein Einsatz eines solchen nun französischen Güterwagens im Reichsgebiet sehr ungewöhnlich gewesen, da die Stadtwerke ihre Kohle nicht aus Frankreich bezogen. Vor 1918 wurden die elsässisch-lothringischen Waggons dagegen wie die der anderen deutschen Länderbahnen freizügig im Reichsgebiet eingesetzt und waren für einen Transport saarländischer Kohle nach Karlsruhe absolut plausibel.
Zugegeben: das genaue Datum, zu dem der letzte im Betrieb stehende elsässisch-lothringische Güterwagen von deutsch auf französisch umbeschriftet war, kenne ich nicht. Aus den oben genannten Gründen denke ich aber, mit meiner Datierung "vor 1920" ausreichend auf der sicheren Seite zu sein.
-- Svenman 23:09, 21. Jun. 2011 (CEST)
Vielen Dank für die Unterstützung. Ich werde bei den Stadtwerken auch dieses Detail nochmal nachfragen, weiß aber nicht, ob dort das genaue Aufnahmedatum bekannt ist.
Meine Schlussfolgerungen waren:
  • der Mann an der Bedienung hat eine "Tracht" inklusive Hut, die ich mit der Zeit vor/um 1920 nicht in Verbindung bringen würde. Da kann ich mich aber auch absolut täuschen...?
  • Rechts unten im Bild ist „Rausch & Pester“ erkennbar. Das schien der Fotograf zu sein, der in der Erbprinzenstr.3 ansässig war. Den bzw. sein Nachfolger gibt es wohl heute noch: "Fotostudio Rausch & Pester Inh. Bernhard Baurmann".
Ob diese wirklich das Foto gemacht oder bearbeitet/vervielfältigt haben, weiß ich nicht. Es gibt aber weitere Bilder, in denen dies erkennbar ist (aber schlechter lesbar): Datei:Gaswerk Ost Schrägkammerofenanlage.jpg und Datei:Gaswerk Ost Schrägkammerofenanlage 2.jpg. Jene wurden auf Ende 1920er datiert ...?
  • Die pure Vermutung, dass Waggons, die sich nach 1918 im Bahngebiet befanden, erhalten blieben? Warum hätte man sie zurückgeben oder "gleich" umbenennen sollen? Sie waren ja nicht Eigentum der Herstellerfirma im Elsass?
Wenn ich näheres weiß, werde ich mich dazu melden bzw. gleich in den Bildern anpassen. --AD KA 07:41, 22. Jun. 2011 (CEST)
Vielleicht sollte ich hier erst mal einige Umstände aus der Eisenbahngeschichte nennen, die ich nicht zwangsläufig als bekannt voraussetzen kann. In Deutschland herrschte ab spätestens 1880 das Staatsbahnprinzip vor, die Bahnen gehörten aber nicht dem Reich, sondern den einzelnen Ländern. Es gab also eine preußische, eine badische, eine württembergische, eine bayerische, eine sächsische usw. Staatsbahn. Die Reichseisenbahnen Elsass-Lothringen waren ein Sonderfall und eine Ausnahme, es handelte sich dennoch auch hier um eine Bahnverwaltung, deren Streckennetz sich auf Elsass-Lothringen (und Luxemburg, aber das ist eine andere Geschichte) beschränkte. Durch den Versailler Vertrag und die darin festgelegte Abtretung Elsass-Lothringens an Frankreich gingen auch die Reichseisenbahnen Elsass-Lothringen in das Eigentum des französischen Staats über, damit verbunden natürlich auch alle ihre Betriebsmittel einschließlich aller ihrer Fahrzeuge, die sich auf fremden Streckennetzen befanden.
Die restlichen deutschen sog. "Länderbahnen" gingen 1920 auf das Reich über, aus ihnen wurde 1924 die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft gebildet. Die Herkunft sämtlicher von den Länderbahnen auf die Reichsbahn übergegangenen Fahrzeuge ist dokumentiert, Loks oder Wagen elsässisch-lothringischer Herkunft waren nicht darunter. In jedem Fall trugen deutsche Güterwagen um 1930 längst die Aufschrift "Deutsche Reichsbahn" und nicht mehr die der alten Länderbahnen.
Nach etwas Internetrecherche muss ich mittlerweile von meiner Gewissheit etwas abrücken, dass bis 1920 alle elsässisch-lothringischen Eisenbahnfahrzeuge bereits französisch beschriftet waren. Zumindest 1919 war dies nachweislich noch nicht durchgehend der Fall. Trotzdem bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass 1920 oder später ein Güterwagen der elsässisch-lothringischen Eisenbahn als dann ausländischer Wagen im Karlsruher Gaswerk nicht mehr anzutreffen gewesen sein dürfte.
-- Svenman 23:34, 22. Jun. 2011 (CEST)
Blöde Frage: wie war das während WK2? Könnte das Bild ggf aus dieser Phase stammen? --SZ 23:43, 22. Jun. 2011 (CEST)
Keine blöde Frage, aber jetzt geht's weiter mit der kleinen Einführung in die deutsch-französische Eisenbahngeschichte. Die vormaligen Reichseisenbahnen Elsass-Lothringen wurden vom französischen Staat ab 1919 unter dem Namen "Administration des chemins de fer d'Alsace-Lorraine" weitergeführt, abgekürzt AL. Zu dieser Zeit gab es in Frankreich mehrere große, meist private Eisenbahngesellschaften. Zum 1. Januar 1938 wurden die französischen Eisenbahnen alle verstaatlicht (soweit nicht schon zuvor in Staatseigentum) und zur einheitlichen Staatsbahn "Société nationale des chemins de fer français" (SNCF) zusammengeschlossen, dazu gehörte auch die vormalige AL.
Mit der deutschen Besatzung von Elsass-Lothringen wurden die dortigen Eisenbahnen der Deutschen Reichsbahn unterstellt. Umbeschriftet wurden die vorhandenen Fahrzeuge im Laufe des Kriegs meines Wissens nur zum Teil. Während des 2. Weltkriegs häte damit ein elsässisch-lothringischer Güterwagen die Beschriftung "Deutsche Reichsbahn" bzw. "DR", "SNCF", eventuell auch noch "AL" oder irgendeine provisorische Kombination oder Abwandlung daraus tragen können, aber auf gar keinen Fall mehr "Elsaß-Lothringen".
Zum Verständnis vielleicht noch dieses: Ein in Betrieb befindlicher Güterwagen muss spätestens alle 6 Jahre eine Hauptuntersuchung (Revision) durchlaufen. Das darf man sich nicht wie eine vergleichseise oberflächliche TÜV-Untersuchung beim Auto vorstellen, sondern bedeutet eine technische Grundüberholung. Spätestens bei dieser Gelegenheit werden auch die Beschriftungen an Güterwagen an inzwischen evtl. geänderte Vorschriften angepasst. Von daher kann man mit völliger Gewissheit ausschließen, dass die Beschriftung an einem in Betrieb befindlichen elsässisch-lothringischen Güterwagen aus der Zeit vor 1919 im Jahr 1940 noch unverändert vorhanden gewesen wäre.
-- Svenman 14:26, 23. Jun. 2011 (CEST)
Das setzt aber voraus dass dies von damals so war. Das diese Regelung heute so ist erlaubt ja keinen Schluss auf die damalige Zeit? --SZ 14:31, 23. Jun. 2011 (CEST)
Das war auch damals schon so. -- Svenman 19:54, 23. Jun. 2011 (CEST)
Leider erbrachte die Nachfrage bei den Stadtwerken keine präzisere Aussage, so dass ich die Angabe "vor 1920" einfach mal so stehen lasse, da offenbar viel dafür spricht. --AD KA 19:23, 28. Jul. 2011 (CEST)