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Die eingeheirateten und zugezogenen Lutherischen mussten ins Nachbardorf nach Spöck zum Gottesdienst, zur Trauung, zur Taufe und zur Beerdigung. Um 1750 wohnten in Friedrichstal 11 Hintersassen. Es waren überwiegend eingeheiratete und zugezogene Lutheraner, denen keine bürgerlichen Rechte zustanden. Sie hatten lediglich Wohnrecht, mussten Wohnschutzgeld zahlen, sollten den Welschen bei der Arbeit behilflich sein und dadurch ihren Unterhalt bestreiten. Sie durften kein Großvieh halten, um den Kolonisten das Auskommen nicht zu schmälern. Zur eigenen Milchversorgung war ihnen lediglich die Ziegenhaltung gestattet.
 
Die eingeheirateten und zugezogenen Lutherischen mussten ins Nachbardorf nach Spöck zum Gottesdienst, zur Trauung, zur Taufe und zur Beerdigung. Um 1750 wohnten in Friedrichstal 11 Hintersassen. Es waren überwiegend eingeheiratete und zugezogene Lutheraner, denen keine bürgerlichen Rechte zustanden. Sie hatten lediglich Wohnrecht, mussten Wohnschutzgeld zahlen, sollten den Welschen bei der Arbeit behilflich sein und dadurch ihren Unterhalt bestreiten. Sie durften kein Großvieh halten, um den Kolonisten das Auskommen nicht zu schmälern. Zur eigenen Milchversorgung war ihnen lediglich die Ziegenhaltung gestattet.
   
Aufsehen erregte die Taufe der Tochter des lutherischen Pfarrers [[Karl Friedrich Eisenlohr|Eisenlohr]] durch Pfarrer Ernst in Friedrichstal nach calvinistischem Ritus und Übernahme der Patenschaft durch den anwesenden katholischen Priester aus Büchenau, am 18. Dezember 1820. Lutherisch Gläubige wurden erst nach Vereinigung der lutherischen und reformierten Glaubensrichtung in [[Baden]] [[1821]] als vollwertige Dorfmitglieder anerkannt.
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Aufsehen erregte die Taufe der Tochter des lutherischen Pfarrers [[Karl Friedrich Eisenlohr|Eisenlohr]] durch Pfarrer [[Johann Friedrich Ernst|Ernst]] in Friedrichstal nach calvinistischem Ritus und Übernahme der Patenschaft durch den anwesenden katholischen Priester aus Büchenau, am 18. Dezember 1820. Lutherisch Gläubige wurden erst nach Vereinigung der lutherischen und reformierten Glaubensrichtung in [[Baden]] [[1821]] als vollwertige Dorfmitglieder anerkannt.
   
 
Die Siedlungshäuser hatten einen einheitlichen, vorgeschriebenen Grundriss. Der Hauseingang war seitlich in der Mitte zum Hof. Die Häuser wurden als Fachwerkbauten mit ausgeriegelten Gefächern erstellt. Eine Küche, zwei Zimmer und zwei Kammern war die Regel der Wohnraumeinteilung. Die lichte Raumhöhe betrug zwei Meter. Stallungen für Groß- und Kleinvieh waren grundsätzlich vom Wohnhaus getrennt. Die einstöckigen Häuser mit den Satteldächern, die Giebel zur Straße, werden der fränkischen Bauweise zugeordnet.
 
Die Siedlungshäuser hatten einen einheitlichen, vorgeschriebenen Grundriss. Der Hauseingang war seitlich in der Mitte zum Hof. Die Häuser wurden als Fachwerkbauten mit ausgeriegelten Gefächern erstellt. Eine Küche, zwei Zimmer und zwei Kammern war die Regel der Wohnraumeinteilung. Die lichte Raumhöhe betrug zwei Meter. Stallungen für Groß- und Kleinvieh waren grundsätzlich vom Wohnhaus getrennt. Die einstöckigen Häuser mit den Satteldächern, die Giebel zur Straße, werden der fränkischen Bauweise zugeordnet.

Version vom 6. Juni 2012, 09:11 Uhr

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Wappen von Friedrichstal
Evangelische Kirche Friedrichstal
Oskar-Hornung-Haus, vormals Schulhaus Friedrichstal
Friedrichstal innerhalb der Stadt Stutensee

Friedrichstal ist ein Stadtteil Stutensees im Landkreis Karlsruhe.

Geschichte

Friedrichstal ist eine Gründung von Hugenotten aus Nordfrankreich, Belgien und der Schweiz. Das Dorf entstand ab 1699 auf einem Teilstück gerodeten Hardtwaldes unter Hinzuziehung von Gemarkungsteilen der Gemeinde Spöck. Der in die neue Heimat mitgebrachte Tabaksamen und die Erfahrung mit Tabakanbau wurde bald zur Basis eines bescheidenen Wohlstandes des Dorfes und der umliegenden Hardtgemeinden. Die Tabaksorte „Friedrichstaler“ wurde bis in die 1950er Jahre angebaut.

Ihren Namen Friedrichstal (Fridericiana Vallis) erhielt die Neusiedlung von Markgraf Friedrich Magnus von Baden-Durlach, der das Land überlassen hatte und die Ansiedlung gestattete. Entlang der Heglach, am Ostrand des Hardtwaldes, auf dem Weg von Spöck nach Linkenheim, unmittelbar bei der Wegegabelung nach Schröck, heute Leopoldshafen, sollten 25 einstöckige Siedlungshäuser erstellt werden. In der Mitte der Siedlungsfläche wurden Kirche, Schule und das Rathaus erstellt. Ein Brunnen war bereits von den Spöcker Viehhirten angelegt, als Tränke für ihr ganzjährig im Wald lebendes Vieh. Dieser führte jedoch zu Verdruss mit den Spöcker Bürgern, worauf die Friedrichstaler in Handarbeit auf der Spöcker Gemarkung den „Friedensbrunnen“ erstellten.

Die Bauplatzgröße für Haus, Hof, Scheune und Garten war mit fünf Ruthen in der Breite, dies entspricht 15 Metern, und 16 Ruthen in der Länge, dies entspricht 48 Metern, festgelegt. Das zugewiesene Baugebiet war zum Teil noch bewaldet, musste abgeholzt, gerodet und umgestockt werden. Im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten erhielten die Hugenotten in den ersten Tagen von den Spöckern den Spottnamen Stockfronzosen.

Die Kommuniktion mit den Bürgern der Nachbargemeinden gestaltete sich zunächst als schwierig, zumal die Markgrafschaft die französische Sprache des Dorfes für sechs Jahrzehnte akzeptierte. Neben dem vom Markgrafen ernannten Schultheißen wurde ein Sprecher der Neubürger als Bürgermeister gewählt, er galt als zweite Person in der Dorfhierarchie. Darüber hinaus lebte die Bevölkerung nach den strengen Regeln Calvins, während die Bevölkerungen der Nachbargemeinden lutherischer Konfession waren.

Die eingeheirateten und zugezogenen Lutherischen mussten ins Nachbardorf nach Spöck zum Gottesdienst, zur Trauung, zur Taufe und zur Beerdigung. Um 1750 wohnten in Friedrichstal 11 Hintersassen. Es waren überwiegend eingeheiratete und zugezogene Lutheraner, denen keine bürgerlichen Rechte zustanden. Sie hatten lediglich Wohnrecht, mussten Wohnschutzgeld zahlen, sollten den Welschen bei der Arbeit behilflich sein und dadurch ihren Unterhalt bestreiten. Sie durften kein Großvieh halten, um den Kolonisten das Auskommen nicht zu schmälern. Zur eigenen Milchversorgung war ihnen lediglich die Ziegenhaltung gestattet.

Aufsehen erregte die Taufe der Tochter des lutherischen Pfarrers Eisenlohr durch Pfarrer Ernst in Friedrichstal nach calvinistischem Ritus und Übernahme der Patenschaft durch den anwesenden katholischen Priester aus Büchenau, am 18. Dezember 1820. Lutherisch Gläubige wurden erst nach Vereinigung der lutherischen und reformierten Glaubensrichtung in Baden 1821 als vollwertige Dorfmitglieder anerkannt.

Die Siedlungshäuser hatten einen einheitlichen, vorgeschriebenen Grundriss. Der Hauseingang war seitlich in der Mitte zum Hof. Die Häuser wurden als Fachwerkbauten mit ausgeriegelten Gefächern erstellt. Eine Küche, zwei Zimmer und zwei Kammern war die Regel der Wohnraumeinteilung. Die lichte Raumhöhe betrug zwei Meter. Stallungen für Groß- und Kleinvieh waren grundsätzlich vom Wohnhaus getrennt. Die einstöckigen Häuser mit den Satteldächern, die Giebel zur Straße, werden der fränkischen Bauweise zugeordnet.

Die Häuser sollten nicht auf Sand oder Kies gestellt werden. Daher wurden mit Pferdefuhrwerken Kalksteine aus den Steinbrüchen von Untergrombach angefahren. Waren die Zölle an der Grenze bei der Stafforter Pfinzbrücke zu hoch, wurden innerhalb der Markgrafschaft Buntsandsteine aus dem vorderen Pfinztal auf Pfinz und Heglach mit drei Ruthen langen Nachen, dies entspricht neun Metern, bis zur Flößerbrücke, eine alte Brücke bei der Mühle, herangeschafft.[1]

Die Bevölkerung brachte Tabaksamen und Welschkornsamen (Maissamen) mit und brachte durch Fleiß und eiserner Disziplin einen bescheidenen Wohlstand, der sich bald auch auf die Nachbarorte ausdehnte. Welschkorn brachte den doppelten und Tabak das Vielfache des Getreideertrages. Bereits mit einer Grundstücksgröße von drei Badischen Morgen, 1,08 Hektar, konnte eine Familie gut leben. Durch Ausbau der Weiterverarbeitung des Tabaks zu Pfeifentabak und Zigarren entstand weitere Beschäftigung und Einkommensverbesserung.

Die Markgräflichen Beamten von Butré und von Edelsheim schrieben zu ihrer Inspektionsreise nach Friedrichstal 1778 u.a.:

„Fast überall nichts als Tabak und Welschkorn. Nur hin und wieder ein Fruchtacker, ein Hanf und Flachsfeld, dann und wann ein Kartoffelstück, ganz selten ein Kleeäckerlein. Weit und breit ein grünes Meer von Blättern und Stauden.
Der Welschkornertrag pro Morgen beträgt beinahe doppelt so viel als jener des Winterkorns und liefert genau so viel Stroh wie das Korn, aber besseren Dung. Den ganzen Sommer hindurch gibt es beständig grünes, süßes, kräftiges Futter für das Vieh. Der Acker wird durch das viele Bearbeiten (dreimaliges Hacken, dann Häufeln) rein und vortrefflich im Bau gehalten und zeigt bessere Ergebnisse als nach dem Pflügen. Das Welschkorn soll nicht stärker als Korn den Boden ausmergeln. Man hat noch zusätzlichen Nutzen von Bohnen und Kürbissen, die als Zwischenkultur gepflanzt werden. Die Kürbisse werden ausschließlich als Viehfutter für Schweine und Rindvieh verwendet. Aus den Kernen wird Öl geschlagen, das in der Küche und zum Brennen der Lampen Verwendung findet.
Die eigenen Wiesen der Einwohner bestehen nur aus kleinen Stücken zwischen den Äckern. Es wächst, da keine Wässerung mehr dahin kommen kann, wenig Futter. Die Gemeinde erhielt von der fürstlichen Herrschaft 43 Morgen Erblehenwiesen zwischen der Heglach und der Alten Bach, die alle Jahre an die Bürgerschaft aufgeteilt werden.
Die Wiesen-Not hat sich im Lauf der Zeit nicht verringert, sondern nur noch gesteigert. Dass die Friedrichstaler zur Heu und Oehmdzeit die weiten Wege ins Bruchsaler Wiesengebiet machen und dort für den Trockenfuttervorrat auf den Winter sorgen müssen, ist eine recht unangenehme Zugabe unter der die Bürgerschaft seufzt (die Strecke zu den 27 Bruchsaler Wiesen musste zu Fuß oder mit dem Fuhrwerk bewältigt werden). Auf keinem Gebiet zeigt sich so überzeugend und niederschmetternd zugleich die Enge und Knappheit der Gemarkung als mit der Wiesenfrage“

Die Friedrichstaler Bauern gingen wegen der Futtertransportwege früh zur ganzjährigen Stallhaltung des Viehs über, was von den Bauern der Nachbardörfer bald kopiert wurde. Im Rahmen des regionalen landwirtschaftlichen Strukturwandels ging der Welschkornanbau zurück und ist seit 1960 nicht mehr anzutreffen. Der derzeit beobachtete Futtermaisanbau hat mit den alten Friedrichstaler Welschkornsorten nichts zu tun. Das Friedrichstaler Mitbringsel von 1699 Tabak ist seit 1997 aus der Gemarkung verschwunden.

Am 18. Juli 1700 wurde Friedrichstal eine selbständige Gemeinde. Viele Familiennamen der ursprünglichen Neusiedler sind noch heute in Friedrichstal anzutreffen: Barié, Borel, Calmez, Gaßmann, Gorenflo, Giraud, Herlan, Hornung, Karle, Lacroix, Mahler, Meyer, Schanz, Schönthal, Siegrist, Sutz und Thibaut. Die Stämme Gorenflo und Hornung hatten in den vergangenen 300 Jahren die zahlenmäßig größte Nachkommenschaft.

Heimatvertriebene und Flüchtlinge

Im Zusammenhang mit der Vertreibung nach dem verlorenen Krieg wurden bereits am 20. Dezember 1945 57 evakuierte Personen aus den alten Reichsgebieten Ostpreußen, Schlesien, Hinterpommern und der östlichen Mark Brandenburg aufgenommen. Aus osteuropäischen Ländern kamen auch viele katholische Flüchtlinge in das vorher rein evangelische Dorf. In der Folge wurde die katholische Kirchengemeinde St. Elisabeth (Friedrichstal) gegründet.

Herkunft der Flüchtlinge, die in Friedrichstal Aufnahme fanden, Stand 23. September 1946:

  • Ungarn; Törökbálint, Budaörs, Maglot, Solymar, Hidas
  • Tschechoslowakei; Schlesisch/Ostrau, Kaplitz, Oberhaid, Wörles, Hossenschlag, Wallern, Neubüblern, Wolfsgrub, Hüblern, Leimsgrub, Groß-Olkowitz, Schönau, Pumperle, Girsig, Pollschitz, Stockau, Fronau, Haidel, Rojsko
  • Jugoslawien; Saarwasch/Esseg, Wrpolje/Dakowo, Wincovci, Milititsch, Hodsac
  • Pommern; Dietrichsdorf, Holzminden
  • Westpreußen; Rosenberg, Danzig, Marienwerder, Weixdorf
  • Ostpreußen; Elbing, Lützen, Osterode, Annaberg, Rastenburg, Schwalbental
  • Oberschlesien; Beuthen, Hindenburg, Gleiwitz, Niederschlesien, Wilhelminenort, Brunnwiesen
  • Polen; Lodz
  • Rumänien; Kleinsiedel
  • Elsaß; Straßburg

Die Geschichte der Gemeinde ist im Friedrichstaler Heimatmuseum ausführlich dargestellt.

Seit dem 1. Januar 1975 ist die Gemeinde Ortsteil der Stadt Stutensee, die gemeinsam von den Nachbargemeinden Blankenloch, Friedrichstal Spöck und Staffort gegründet wurde. Seit 1982 besteht eine Partnerschaft mit der französischen Stadt Saint-Riquier in der Picardie, jener Gegend, aus der einst viele Gründer von Friedrichstal geflohen waren.

Seit dem 24. Juni 2006 ist Friedrichstal an das Karlsruher Stadtbahnnetz angebunden; am 1. Juli 2011 zählte Friedrichstal 5.117 Einwohner.

Verwaltung

Die Stadt Stutensee hat ein BürgerBüro Friedrichstal

  • Ortsvorsteher Kurt Gorenflo (CDU)
  • Mitglieder des Ortschaftsrats: Franz Gelmar, Kurt Gorenflo, Klaus Hofmann, Thomas Hornung, Dr. Luitgard Mitzel-Landbeck, Lutz Schönthal

Sehenswürdigkeiten

Vereine

Schulen

Persönlichkeiten aus Friedrichstal

  • Pascal Borel (* 1978), Fußballspieler
  • Hubert Hornung, Altbürgermeister und Ehrenbürger von Stutensee
  • Oskar Hornung (1902–1985), ehemaliger Rektor und Ehrenbürger der Gemeinde Friedrichstal
  • Fritz Vollmer (1925–2011), Fußballtrainer des DFB Frankfurt

Weblinks

Literatur

  • Heinz Bender:Vergangenheit und Zeitgeschehen: Blankenloch, Büchig und Schloss Stutensee; Hrsg: Gemeinde Stutensee mit Beiträgen von Klaus Demal und Hanspeter Gaal; Originalausgabe 872 Seiten Stutensee 1995
  • Arnold Hauck: Duwaggbreche in Stutensee. Stutensee Hefte, Stadt Stutensee 2003.
  • Oskar Hornung: Friedrichstal; Geschichte einer Hugenotten-Gemeinde; zur 250-Jahrfeier / 1949 - 2. erg. Aufl.. - Friedrichstal: Bürgermeisteramt, 1974.
  • Günther Hornung und Bertold Gorenflo: „Friedrichstal – Meilensteine aus drei Jahrhunderten“, erschienen 2009, 200 Seiten
  • Manfred G. Raupp: Die Entwicklung des Tabakanbaus in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung in der Gemeinde Staffort; Ingenieurschule Nürtingen 1962.

Bilder

Stadtteile Stutensees
Blankenloch, Friedrichstal, Spöck und Staffort sind die Stadtteile Stutensees.


Fußnoten

  1. Günther Hornung und Bertold Gorenflo: Friedrichstal – Meilensteine aus drei Jahrhunderten, Seiten 19 ff
  2. Verein Alt Friedrichstal Bildband